Abkommen mit den USA beflügelt indische Kernenergiepläne

Die im Juli 2005 von Präsident George W. Bush und Premierminister Manmohan Singh vereinbarte nukleare Kooperation zwischen den USA und Indien nimmt konkrete Formen an.

14 août 2005

Ende August hat das amerikanische Department of Commerce die Kontrollen für den Export von Dual-use-Gütern nach Indien gelockert. Die Erleichterungen betreffen ausschliesslich Bewilligungen, die von den USA unilateral im Rahmen der nationalen Non-Proliferationspolitik verlangt werden. Von dieser Massnahme nicht berührt sind die von 40 Lieferländern (Nuclear Suppliers Group) multilateral vereinbarten Exportregeln.
Weiter hat das Department of Commerce die indischen Kernkraftwerke Tarapur-1 und -2 (je 150 MW, BWR), Rajasthan-1 und -2 (90 bzw. 187 MW, PHWR) und Kudankulam-1 und -2 (je 917 MW, WWER) von der Liste der Anlagen gestrichen, für die verschärfte Exportbestimmungen gelten. Die genannten Kraftwerksblöcke in Tarapur und Rajasthan stehen bereits unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO). Die beiden von Russland gelieferten Reaktoren in Kudankulam befinden sich im Bau und sollen bei ihrer Fertigstellung ebenfalls der lAEO-Kontrolle unterstellt werden.

40'000 MW in zehn Jahren

Die nukleare Kooperation mit den USA gehört zu den Bemühungen Indiens - das den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat- nuklearen Brennstoff aus dem Ausland zu erhalten. Solche Lieferungen sind nötig, wenn das Land sein ehrgeiziges ziviles Nuklearprogramm verwirklichen will. Die indischen Uranvorkommen reichen dafür nicht aus. In seiner Rede zum Unabhängigkeitstag am 15. August 2005 hat Singh jetzt angekündigt, dass Indien in den kommenden zehn Jahren die nukleare Stromproduktionskapazität von heute rund 3000 MW auf 40'000 MW ausbauen könnte - dies zusätzlich zur Ausweitung der fossilthermischen Produktionskapazität und der Wasserkraft um 150'000 MW. Der Mangel an Elektrizität sei nach wie vor ein grosses Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung Indiens, erklärte Singh. Dank seines Besuchs in den USA sei es nun gelungen, einen Teil der Einschränkungen zu beseitigen, die das indische Kernenergieprogramm bisher behindert hätten. Noch im Juni 2005 hatte Singh von einer nuklearen Kapazitätssteigerung auf 20'000 MW bis ins Jahr 2020 gesprochen, und am 5. August 2005 nannte er vor dem indischen Parlament das Ziel von 30'000-40'000 MW in den nächsten 20 Jahren.
In Indien stehen gegenwärtig 15 Kernkraftwerke in Betrieb und acht weitere Anlagen befinden sich im Bau, darunter ein Schneller Brüter. Die Ankündigung Singhs bedeutet, dass Indien ein Nuklearprogramm auflegen könnte, das in seiner Grössenordnung an das französische Bauprogramm im Gefolge der Ölkrise der 1970er Jahre herankommt. Von 1977 bis Ende 1986 wurden in Frankreich 42 Kernkraftwerke mit einer Gesamtleistung von fast 42'000 MW in Betrieb genommen.

Source

M.S. nach Department of Commerce, Fédéral Register Notice, 30. August 2005, und Rede des indischen Premierministers, 15. August 2005

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