Weshalb die Kernenergie erhöhte Transparenz nicht scheuen muss

Vielerorts ist die Rede von erhöhter Transparenz - auch in der Strombranche. Analysen verschiedener Tools zeigen vor allem dies: Die wertvolle Bandenergie sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis der Kernenergie werden dadurch für die breite Bevölkerung noch sichtbarer.

5. März 2014

«My New Energy» bezeichnet sich als der erste unabhängige Online-Stromvergleichsdienst der Schweiz. Stromprodukte von lokalen und nationalen Anbietern, die nur auf Wasser, Solar und Wind setzen, können nach Preis und Eigenschaften gewählt und online bestellt werden. In einigen Jahren soll die freie Wahl der Anbieter für sämtliche Stromprodukte gelten. Bis jetzt ist dies einerseits nur rund 25’000 Grosskunden und andererseits für jene Angebote möglich, die ein Öko-Label tragen.

Weil nicht in jedem Ökostromprodukt gleich viel Nachhaltigkeit steckt, verteilt «My New Energy» Noten von 1 bis 6. Hier hinkt jedoch der Vergleich: Denn es gibt an sich sehr gute Gründe, dass auch Kernenergie als Ökostrom durchgeht. Schliesslich ist ihr Beitrag für die Kohlendioxid-Ausstossvermeidung enorm. In der Benotung durch «My New Energy ist es gleich andersrum, je mehr Kernenergie im Strom-Mix, desto schlechter die Benotung (wobei solche Mix-Produkte auf der Website zwar angezeigt, jedoch derzeit nicht online erworben werden können).

Bis 105 Prozent teurer

Schauen wir etwas genauer hin und nehmen wir in einem ersten Fall an, dass sich unser Haushalt in der Stadt Bern befindet. Hier wird das Produkt Fairpower Solar+ mit der Note 6 bewertet (CHF 70; Kosten für 231 kWh/Monat). Dieselbe Maximalnote erhielten in unserem Test Anfang Februar 2014 Thuner Solarstrom (CHF 76) und EKZ Naturstrom Solar (CHF 79). Fairpower Wind+ ist mit der Note 5,8 versehen (CHF 65). Verwirrend ist jedoch folgende Angabe des Vergleichsdienstes: «Die Gesamtkosten berechnen sich: 40% dieses Produkt [Solar, Wind etc.] plus 100% Standardprodukt.» Weitere Produkte zum Vergleich: EWB.BASIS.Strom Economy ist bereits für CHF 50 erhältlich. Der Mix aus Kernkraft, Erdgas und Erneuerbaren wird jedoch nur noch mit 2,8 benotet. Eklatanter sind die Preisunterschiede in der Stadt Zürich. Hier bezahlt man für einen Korb aus Wasserkraft, Kernkraft und KEV bloss CHF 43: Für EWZ.Solartop muss man jedoch mehr als das Doppelte hinblättern (CHF 88). Das ergibt einen Preisunterschied von 105%.

In wenigen Jahren soll man auch in der Schweiz jedes Stromprodukt und jeden Anbieter frei wählen können. Vorbild ist der vollständig liberalisierte Strommarkt in Deutschland, wo ein Haushalt im Durchschnitt zwischen 100 Stromversorgern auswählen kann. Dort hat man die Marktliberalisierung bereits vor mehr als zehn Jahren in Angriff genommen. Auch bezüglich der sogenannten Energiewende will man in unserem Nachbarland zu den Vorreitern gehören. Doch der Kater nach ersten Jubelschreien ist gross. Derzeit scheint die Energiewende fast nur Verlierer zu produzieren. Der Windkraftbetreiber Prokon musste kürzlich Konkurs anmelden. Prokron gehört mit 54 Windparks in Deutschland zum Branchenführer. Vor allem: Die deutschen Haushalte klagen über steigende Stromkosten. Und nun warnt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dass die neuen Reformkonzepte von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel 900’000 Jobs gefährden würden.

Keine Überproduktion

Der Unmut über die Energiewende steigt auch deshalb, weil mittlerweile sogar Boulevardzeitungen wie BILD auf Geldverschwendungen ungeahnten Ausmasses hingewiesen haben. So etwa mit Verweis auf Ökostromanbieter, die immer noch hoch bezahlt werden, obwohl der Strom auf dem Markt gar nicht genutzt werden kann oder sie den Strom teils nicht einmal liefern müssen.

Die erhöhte Transparenz dient jenen aufmerksamen Bürgern, die sich Zeit nehmen, etwas genauer hinzuschauen, um die Mechanik von Angebot und Nachfrage zu verstehen. In der Tat helfen verschiedene Websites zu einem tieferen Verständnis. Teilweise werden die Informationen fast in Echtzeit online gestellt.

Informationen in Real-Time

Hier einige interessante Websites, die unter anderem verdeutlichen, wie wichtig die Kernenergie als Bandenergie im Energiemix ist. Die Website der Schweizer Übertragungssnetzbetreiberin Swissgrid zeigt die aktuelle Stromlast In Megawatt und in Real-Time an. Zwar ist hier leider der hohe Beitrag der Kernenergie nicht direkt ersichtlich. Immerhin wird jedoch die Bilanz zwischen Export und Import angezeigt. Hier wird schnell ersichtlich, dass wir von keinem generellen Überangebot in der Schweiz sprechen können. Sehr wohl sind die Austauschbeziehungen – Handel – beträchtlich. Die neuen Energien führen schliesslich dazu, dass der Strom immer weitere Wege gehen muss. Die Netze werden dadurch stark belastet. Das Risiko für Blackouts steigt. Eine Umfrage des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC) ergab, dass drei von zehn Managern in den kommenden zwölf Monaten eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für länger andauernde Stromausfälle erwarten. Rund die Hälfte gibt ferner zu, dass ihr Unternehmen nicht ausreichend auf ein Blackout vorbereitet sei.

Hohe Transparenz in Grossbritannien

Vorbildlich ist das Informationsangebot in Grossbritannien, wo der Beitrag der einzelnen Energieträger gut sichtbar ist (UK Energy Watch und U.K. National Grid Status). In Deutschland wird die tatsächliche und geplante Produktion auf der Website von EEX-Transparenzplattform anschaulich dargestellt (www.transparency.eex.com. Hier muss allerdings beachtet werden, dass die Unterscheidung in Solar, Wind und Konventionell sehr grobmaschig ist.

Von diesen Stromproduktions-Datenangeboten sind indessen jene Angebote zu unterscheiden, bei denen es sich um Handelspreise auf dem Spotmarkt handelt. Sie sind weder an Haushalte noch an Industrieunternehmen gerichtet, sondern an Akteure der Elektrizitätsbranche (Stromanbieter, Grosshändler, Trader). Bedeutend hierfür ist die europäische Strombörse EPEX Spot, an der sich die Swissgrid im vergangenen Jahr beteiligte. Das Pendant dazu im nordamerikanischen Markt ist die Börse ICE Intercontinental Exchange.

Quelle

Hans-Peter Arnold

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