Vorschläge des EU-Parlaments für drei neue Direktiven
Auf der Grundlage von Anträgen der EU-Kommission verabschiedete das Europaparlament am 13. Januar 2004 drei neue Direktiven zur Kernenergie.
Sie sollen die Aufsicht über die Sicherheit der Kernanlagen, die Beseitigung radioaktiver Abfälle und die Vergabe von Krediten für kerntechnische Einrichtungen durch die europäische Forschungsbehörde Euratom neu regeln. Sie gehen jetzt als Vorschläge an den EU-Ministerrat. Nur wenn dieser zustimmt, treten sie in Kraft. Die neuen Direktiven weichen in wesentlichen Punkten von den Kommissionsanträgen ab. Die Kommission wollte eine EU-weite Sicherheitsbehörde für Kernanlagen mit eigenen Inspektoren schaffen und für die Beseitigung der radioaktiven Abfälle in den Mitgliedsländern einen verbindlichen, einheitlichen Zeitplan aufstellen.
Der erste Entschluss des Parlaments sieht lediglich den Erlass EU-weit geltender grundlegender Verpflichtungen und allgemeiner Grundsätze zur Sicherheit der Kernanlagen vor, wogegen die Verantwortung für die Umsetzung und die Aufsicht bei den nationalen Sicherheitsbehörden verbleiben soll. Um eine einheitliche Anwendung in den Mitgliedsländern zu unterstützen und zu fördern, schlägt das EU-Parlament die Schaffung einer Kommission aus Vertretern aller nationalen Sicherheitsbehörden vor.
Der zweite Entschluss des EU-Parlaments hat die Form eines nicht bindenden Direktivenentwurfs. Er sieht ein mehrstufiges Verfahren zur Entwicklung von Lösungen für die Beseitigung hochaktiver und langlebiger Abfälle in den Mitgliedsländern vor. Diese erhalten eine dem Stand ihrer eigenen Projekte entsprechende Frist, um Lösungen vorzuschlagen. Das Parlament stellte indessen klar, dass es eine rückholbare Langzeitlagerung dieser Abfälle in tiefen geologischen Schichten vorzieht. Immerhin stimmte es auch der Förderung alternativer Lösungen wie der Auftrennung und Transmutation der langlebigen Isotope zu. Hingegen möchte es die Meeresversenkung oder die Einlagerung unter dem Meeresboden ausschliessen. Die Option, hochaktive Abfälle zur Beseitigung zu exportieren, möchte das EU-Parlament unter der Voraussetzung ausdrücklich offen halten, dass im Importland die internationalen und die in der EU geltenden Sicherheitsnormen eingehalten werden. Im Hinblick auf die vollständige Strommarktöffnung ist es für das EU-Parlament wichtig, dass den Elektrizitätsunternehmen in keinem Mitgliedsland durch die dortige Abfallpolitik ein Konkurrenzvorteil entsteht und namentlich die Vorfinanzierung der nuklearen Entsorgung geregelt ist. Nach Meinung des EU-Parlaments soll die vorgeschlagene Direktive daher dem Wettbewerbsrecht unterstehen.
Der dritte Entschluss des EU-Parlaments zielt auf eine Änderung der Regeln für die Erteilung von Euratom-Investitionskrediten ab. Solche Kredite sollen nur noch für die Verbesserung der Sicherheit von Kernkraftwerken, Stilllegungen und Abfallprojekte gesprochen werden. Zu erteilen wären sie an Empfänger nicht nur in den EU-Mitgliedstaaten, sondern auch in Zentral- und Osteuropa einschliesslich Armenien, Russland und der Ukraine.
Quelle
P.B. nach Mitteilung des EU-Parlamentdiensts, 13. Januar 2004