Vernehmlassung für Paks-Ausbau eröffnet
Die Vernehmlassung zu den beabsichtigten Investitionen in den Bau und Betrieb von zwei neuen Kernkraftwerkseinheiten am ungarischen Standort Paks ist im Amtsblatt der EU erschienen und somit offiziell lanciert.
Russland und Ungarn schlossen Anfang 2014 ein zwischenstaatliches Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Im Rahmen dieses Abkommens gewährt Russland Ungarn ein variabel verzinsliches Darlehen in Höhe von EUR 10 Mrd. (CHF 10,9 Mrd.), das zur Förderung des Baus von zwei Kernkraftwerkseinheiten am Standort Paks eingesetzt werden soll. Dem Abkommen zufolge muss Ungarn das Darlehen zur Finanzierung von 80% des Kaufpreises einsetzen und 20% der anfallenden Kosten aus eigenen Mitteln bestreiten. Ungarn ist der Ansicht, dass diese Investition keine staatliche Beihilfe nach EU-Recht darstellt. Die Europäische Kommission leitete nun am 12. Januar 2016 offiziell eine Untersuchung ein, um zu prüfen, ob diese Fördermassnahmen in Umfang und Dauer mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sind. Die Vernehmlassungsfrist beträgt einen Monat.
Die Ansicht der Kommission
Für die Kommission ist es derzeit fraglich, ob die Massnahme von einem marktwirtschaftlich handelnden Investor unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführt werden könnte. Laut Kommission ist es insbesondere unklar, ob eine solche Beihilfe erforderlich ist und ob Marktversagen vorliegen, die neue Investitionen in Kernenergieprojekte in Ungarn hemmen, beziehungsweise um welche Art von Marktversagen es sich handelt. Die Kommission benötige Informationen über die Möglichkeiten für neue Kernenergie-Investitionen (ohne staatliche Förderung) und entsprechende Zeitpläne unter Berücksichtigung der Besonderheiten des ungarischen Strommarktes und seiner voraussichtlichen Entwicklung sowie diesbezüglicher Marktmodellierung.
Im Amtsblatt schreibt die Kommission weiter: «Der ungarische Stromerzeugungsmarkt ist verhältnismäßig stark konzentriert, wobei das derzeitige Kernkraftwerk Paks NPP rund 50% des gesamten in Ungarn generierten Stroms erzeugt. Trotz der prognostizierten Erzeugungslücke gibt es zum jetzigen Zeitpunkt kaum bekannte Pläne für neue Kapazitäten. Daher ist damit zu rechnen, dass Paks II im Jahr 2030 mindestens ein Drittel der prognostizierten Binnennachfrage decken wird und daher gemeinsam mit den weiter betriebenen/noch nicht abgeschalteten Paks-NPP-Reaktoren zu einer stärkeren Marktkonzentration beitragen könnte. Ferner ist die Kommission der Auffassung, dass Beihilfen für derartige Grundlast-Kapazitäten mit hohem Lastfaktor und niedrigeren Stromgestehungskosten den Marktzutritt neuer Akteure behindern und durch den Merit-Order-Effekt in gewissem Umfang teurer produzierte Kapazitäten verdrängen können.»
Quelle
M.A. nach Amtsblatt der EU, 12. Januar 2016