Ungarn: Parlament unterstützt Laufzeitverlängerung von Paks-I um weitere 20 Jahre
Das ungarische Parlament hat am 7. Dezember 2022 einer Laufzeitverlängerung der Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Paks um weitere 20 Jahre seine Unterstützung zugesagt. Damit ist das Genehmigungsverfahren eingeleitet, das die angestrebte Laufzeitverlängerung ermöglichen soll.
Am Standort Paks gut 100 km südlich von Budapest stehen vier Kernkraftwerkseinheiten des russischen Typs WWER-440 in Betrieb. Sie gingen zwischen 1983 und 1987 ans Netz. Die Laufzeiten der Einheiten wurden bereits zwischen 1983 und 1987 um 20 Jahre verlängert, wodurch ihre Betriebsgenehmigungen zwischen 2032 und 2037 auslaufen werden.
Am 2. November 2022 reichte der stellvertretende Ministerpräsident Zsolt Semjén im Namen der ungarischen Regierung beim Parlament einen Vorschlag ein: Ungarn will prüfen, ob man die Laufzeiten der vier bestehenden Blöcke des Kernkraftwerks Paks über das gegenwärtige Abschaltdatum von 2032 – 2037 hinaus um weitere 20 Jahre verlängern kann. In einem ersten Schritt soll das ungarische Parlament «die weitere Verlängerung der Betriebsdauer der bestehenden Blöcke des Kernkraftwerks Paks zur Kenntnis nehmen, die den Zielen der Energieunabhängigkeit, des Klimaschutzes und der Versorgungssicherheit des Landes dient».
Am 7. Dezember 2022 stimmte das Parlament dem Regierungsvorschlag der Prüfung der erneuten Laufzeitverlängerung zu. Ein Dokument auf der Parlamentswebsite zeigt, dass es 170 Stimmen für den Vorschlag, 8 dagegen sowie eine Enthaltung gab.
Genehmigungsverfahren zur Laufzeitverlängerung wird eingeleitet
Der Dekan der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität für Technologie und Wirtschaft Budapest (BME) und ehemalige Staatssekretär Ungarns, Prof. Attila Aszódi, hat sich gegenüber dem ungarischen Radiosender SpiritFM zum Parlamentsentscheid geäussert. Gemäss Aszódi verfügen Reaktoren wie jene im Kernkraftwerk Paks über so grosse Reserven, dass weitere Laufzeitverlängerungen möglich seien, wenn die Reaktoren sorgfältig betrieben und bestimmte Ausrüstungen in der Zwischenzeit ersetzt würden.
Aszódi zufolge gebe es im ungarischen Kernenergiegesetz keine Vorschrift, dass das Parlament eine Laufzeitverlängerung genehmigen müsse. Es sei aber gut, wenn das Parlament hinter dem Vorhaben stehe. Jetzt werde also das wichtige Genehmigungsverfahren eingeleitet, das letztendlich eine Verlängerung der Betriebsdauer um 20 Jahre ermöglichen werde. «Zunächst müssen aber viele Reaktor-Komponenten überprüft und die Umweltverträglichkeitsprüfung mit den Nachbarländern abgestimmt werden», gab Aszódi zu bedenken.
In Bezug auf die Umweltverträglichkeitsprüfung ergänzte er: «Ausgehend von den Erfahrungen mit Paks-II werden wahrscheinlich alle Länder in der Nachbarschaft diesbezüglich konsultiert werden müssen.» Damit spricht er den Bau des neuen Kernkraftwerks Paks-II mit den Blöcken-5 und -6 (WWER-1200-Reaktoren) an, den die Hungarian Atomic Energy Authority (HAEA) am 25. August 2022 genehmigt hat. Sie sollen zukünftig die vier Blöcke von Paks-I ersetzen.
Damit die Laufzeit der Blöcke von Paks-I überhaupt wie geplant verlängert werden kann, braucht es zum Abschluss des Genehmigungsverfahrens die Zustimmung der HAEA.
Weitere Kernkraftwerke nötig
Laut Asódi muss Ungarn über den Bau zusätzlicher Kernkraftwerke nachdenken, die an einem Standort ausserhalb von Paks realisiert werden könnten, und zwar mit ganz anderer, nicht-russischer Technologie. Dem Fachmann zufolge ist dies notwendig, weil der Strombedarf so stark ansteigt, dass er auf keine andere Weise gedeckt werden kann.
Quelle
B.G. nach ungarisches Parlament, Laufzeitverlängerungsvorschlag der Regierung vom 2. November 2022 sowie Parlamentsbeschluss vom 7. November 2022; SpiritFM, Beitrag, 9. Dezember 2022
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