Überlegungen zum Abschluss der Klimakonferenz von Cancun
Vom 29. November bis 10. Dezember 2010 tagte die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen in Cancun, Mexiko. In der Konvention sind fast 200 Staaten vertreten. Vor dem Hintergrund des 2012 auslaufenden Kyoto-Protokolls wurde in Mexiko die Zukunft des weltweiten Kampfes gegen den Klimawandel diskutiert. Nach dem enttäuschenden Ausgang des letztjährigen Klimagipfels in Kopenhagen erwartete niemand allzu grosse Würfe von der 16. Uno-Klimakonferenz (COP16) in Cancún. Auch wenn sich diese Prophezeiung grösstenteils bewahrheitete, gab es doch kleinere Erfolge zu verbuchen.
Obwohl in Cancun kein Durchbruch mit einem neuen umfassenden Vertrag erzielt wurde, konnten in unbestrittenen Bereichen die Weichen im Hinblick auf weitere Verhandlungen für 2011 oder 2012 oder gar einen Verhandlungsabschluss gestellt werden. Aus Sicht der Schweiz sind die Entscheide hinsichtlich der Beibehaltung der marktorientierten Massnahmen in der zweiten Periode des Kyoto-Protokolls und die klare Ablehnung einer Aufweichung der Regeln zum geistigen Eigentum zu begrüssen. Die Nagelprobe der mittel- und langfristigen Finanzierung und die hohen Hürden für substanzielle neue Verpflichtungen zur Emissionsreduktion stellen jedoch höchste Ansprüche an die kommenden Verhandlungen. Die Kernenergie ist unverzichtbar bei der Umsetzung wirksamer Klimaschutzstrategien.
Leichter Optimismus zur Nachfolge des Kyoto-Protokolls
Zwar konnte keine Einigung über eine zweite Verpflichtungsperiode zum Kyoto-Protokoll erzielt werden, kleine Fortschritte wurden dennoch erzielt. Für die bisher verpflichteten Länder wurden neue Ziele für 2020 in den Verhandlungsprozess aufgenommen. Besonders wichtig für die Schweiz ist die Einigung darüber, dass Emissionshandel und sogenannte clean-development-Massnahmen weiterhin zur Erreichung der Klimaziele der Industrieländer angerechnet werden sollen. Weil noch nicht klar ist, wie es nach dem Ende des Kyoto-Protokolls nach 2012 weitergehen soll, müssen Spielregeln und Zwischenziele festgelegt werden. Damit kann ein Auseinanderdriften der ersten und zweiten Verpflichtungsperiode verhindert werden. Ob sich Japan und auch Russland weiterhin am Kyoto-Protokoll beteiligen werden, hängt davon ab, ob weitere bisher zu keinen Zielen verpflichtete Länder wie die USA, China, Indien und Brasilien ebenfalls rechtliche Verpflichtungen zum Schutz des Klimas übernehmen werden.
Kleine Fortschritte und viele offene Fragen zu langfristigen Klimaschutzaktivitäten
Die im «Copenhagen Accord» im Dezember 2009 festgehaltene Obergrenze der Klimaerwärmung um 2 Grad Celsius wurde in den Verhandlungstext übernommen. In weiteren Verhandlungsschritten könnte jetzt an deren Konkretisierung gearbeitet werden. Nach wie vor können jedoch daraus keine langfristigen Ziele zur Verminderung der Emissionen oder die weitere Entwicklung der tolerierbaren Treibhausgaskonzentrationen abgeleitet werden. Die von verschiedenen Ländern, darunter auch der Schweiz, im Nachgang zum «Copenhagen Accord» angekündigten Emissionsverminderungsziele sind vielfach nicht vergleichbar. In einem nächsten Schritt müssen diese politischen Zusagen quantifiziert und transparent gemacht werden.
Erstmals sollen die Rechenschaftslegung von geplanten und realisierten Klimaschutzmassnahmen für alle treibhausgasrelevanten Länder, inkl. USA und China, vereinheitlicht werden. Ein verbessertes Reporting gilt auch für die Aktivitäten der Finanzierung sowie des Technologie- und Wissenstransfer in die Entwicklungsländer. Positiv zu werten ist, dass neue Anreize zur Verminderung der Entwaldung und zur Erhaltung der bestehenden Wälder gefunden wurden. Dennoch müssen auch hier viele Fragen noch geklärt werden, wie etwa die Vergleichbarkeit und die Verknüpfung mit bisher freiwilligen Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen der Entwicklungsländer.
Im politisch heiklen Bereich der Finanzierung war eine Einigung nur zu den Formalitäten der Schaffung eines Fonds und dessen Aufsichtsorganen möglich. Dem Wunsch der Entwicklungsländer entsprechend soll der Fonds direkt auf nationale Institutionen des Empfängerlands zugehen können, ohne von internationalen Agenturen wie Weltbank oder Uno beaufsichtigt zu werden. In Kopenhagen haben die Industrieländer Versprechen abgegebenen, zwischen 2010 und 2012 insgesamt USD 30 Mrd. einzubezahlen. Bis 2020 soll dieser Beitrag auf jährlich USD 100 Mrd. ansteigen. In verschiedenen Ländern dürfte angesichts der hohen Staatsverschuldung und rigoroser Sanierungsprogramme die Bereitstellung von neuen Mitteln jedoch erhebliche Mühe bereiten.
Schliesslich zeichnen sich auch die Konturen eines bisher ziemlich diffusen Technologie-Förderungsmechanismus ab. Erfreulicherweise konnte mit dem gewählten Ansatz die höchst umstrittene Aufweichung des geistigen Eigentums endgültig aus dem Verhandlungstext gekippt werden.
WWF International lobt ambitionierte Klimaschutzziele – dank Kernenergie
Am Rande der nur schleppend vorankommenden Verhandlungen hat der WWF International eine am 6. Dezember 2010 publizierte Studie des britischen Committee on Climate Change als Vorzeigebeispiel öffentlich gelobt. Gemäss diesen Empfehlungen könnte Grossbritannien bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 60% senken. Die Hauptmassnahme zur Dekarbonisierung der Wirtschaft ist der massive Ausbau der Kernenergie. Auf internationaler Ebene ist der bedeutende Beitrag der Kernenergie im Kampf gegen die Klimaerwärmung selbst bei den Umweltorganisationen anerkannt.
Urs Näf nahm als Vertreter der Wirtschaft an der 16. Uno-Klimakonferenz im mexikanischen Cancún teil. Er ist seit November 2004 stellvertretender Leiter Infrastruktur, Energie und Umwelt des Schweizer Wirtschaftsdachverbands economiesuisse. Davor hatte Näf verschiedene Funktionen beim Bundesamt für Energie inne und konzentrierte sich ab 1999 auf Fragen der Regulierung des Strom- und Gasmarktes. In dieser Funktion war er auch für die Beziehungen zu Nachbarstaaten und zur Europäischen Union verantwortlich. Näf hat sein Ökonomiestudium in Basel als lic. rer. pol. abgeschlossen.
Quelle
Urs Näf, economiesuisse