Sozioökonomische Auswirkungen von Tiefenlagern für Kanton Schaffhausen
Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen hat am 21. April 2010 eine eigene Studie zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen eines geologischen Tiefenlagers für den Kanton Schaffhausen veröffentlicht. Die Studie kommt zum Schluss, die Beschäftigungseffekte beim Bau und Betrieb könnten die negativen Wirkungen eines Tiefenlagerprojekts bei weitem nicht kompensieren. Das eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) gab gleichentags bekannt, die Studie sei nicht Bestandteil des Sachplanverfahrens, die Methodik nicht abgestimmt, eine vergleichende Beurteilung unmöglich.
Die Studie «Tiefenlager für radioaktive Abfälle im Zürcher Weinland und im Südranden – Studie zur Abschätzung der sozioökonomischen Effekte im Kanton Schaffhausen» hat sowohl den möglichen Standort für hochaktive Abfälle (HAA) im Zürcher Weinland wie auch jenen für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA) im Südranden untersucht (Bulletin 3/2010). Beide Standorte lägen nur wenige Kilometer von der Agglomeration Schaffhausen entfernt, wo sich rund 80% der Bevölkerung und Arbeitsplätze des Kantons Schaffhausen befinden.
Aufwendige Ermittlung der Imageeffekte
Mit der Studie wurden gemäss Mitteilung des Regierungsrats Schaffhausen die unmittelbaren wie auch die mittelbaren Auswirkungen eines Tiefenlagers auf den Kanton Schaffhausen untersucht. Die Abschätzung der unmittelbaren Effekte basierte auf den Angaben der Nagra. Wertschöpfungs- und Beschäftigungswirkungen seien nach der heute für Grossinvestitionen üblichen Methode beurteilt worden. Gemäss den Autoren erwies sich die Abschätzung der mittelbaren Imageeffekte als methodisch anspruchsvoll. Die Auswirkungen ergaben sich aus der subjektiven Wahrnehmung der Gefahren oder sonstigen Nachteile, die Einzelpersonen oder Firmen mit einem Tiefenlager verbinden. Weder in der Schweiz, noch im Ausland liege bisher zu einem Tiefenlager eine Fallstudie vor, die sich mit den mittelbaren Effekten auseinandersetze. Deshalb wurden umfangreiche Befragungen bei der ansässigen Bevölkerung sowie bei potenziellen Zuzügern (je 400 Personen) durchgeführt. Ferner wurden zahlreiche hochrangige Vertreter der ansässigen Wirtschaft, potenziell zuziehende ausländische Firmen sowie mit Branchenvertretern interviewt.
Die Studie in Zahlen
Beim Bau eines Tiefenlagers in der Region würde das Image des Kantons Schaffhausen beeinträchtigt und seine Entwicklung stark gebremst, sind sich die Autoren der Studie sicher. Bis in rund 50 Jahren würden dem Kanton (auf heutiger Basis berechnet) jährlich CHF 15–33 Mio. an Steuererträgen entgehen, was 3–7% der heutigen Steuererträge entspricht. Im gleichen Zeitraum würde die Bevölkerung um 2000–5000 Personen weniger und die Arbeitsplätze um 1000–2000 weniger wachsen, als dies ohne die Tiefenlagerprojekte der Fall wäre. Gemessen an der heutigen Bevölkerung von 75’000 Personen und den 32’000 Arbeitsplätzen im Kanton wäre dies ebenfalls ein Minus von 3–7%.
In Anbetracht dieser Erkenntnisse lehnt der Regierungsrat die Lagerstandorte in unmittelbarer Nähe zur Agglomeration Schaffhausen als unzumutbar ab. Er anerkennt jedoch in seiner Medienmitteilung, dass die Schweiz unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit in den nächsten Jahrzehnten nicht auf die Kernenergie verzichten könne.
Uvek: Vergleichbarkeit aller Regionen muss gewährleistet sein
Das Uvek betonte in seiner gleichentags veröffentlichten Medienmitteilung, dass die Studie des Kantons Schaffhausen nicht Bestandteil des Sachplanverfahrens sei. Die Methodik der Studie sei weder mit den Bundesbehörden noch mit den anderen Standortkantonen abgestimmt worden und ermögliche deshalb keine vergleichenden Beurteilungen bei der laufenden Standortsuche. Ab Mitte 2011 werde das Uvek kantonsübergreifende sozioökonomische Studien nach einer objektiven und vergleichbaren Methodik in allen potenziellen Standortregionen durchführen.
Quelle
D.S. nach Regierungsrat Kanton Schaffhausen und Uvek, Medienmitteilungen, 21. April 2010