Pläne für International Linear Collider werden konkret
Das International Committee for Future Accelerators (ICFA) hat an einer Tagung in Beijing den Reference Design Report für den nächsten grossen Teilchenbeschleuniger, den International Linear Collider (ILC), veröffentlicht. Der Bericht gilt als Grundlage für die technische Planung des ILC bis 2010.
Das Referenzdokument hält folgende Eckdaten des ILC fest: ein Linearbeschleuniger, der pro Sekunde 14'000 Elektronen und Positronen mit der extrem hohen Energie von 0,5-1 Teraelektronenvolt (TeV) zur Kollision bringt. Bei solchen Zusammenstössen entsteht laut den heutigen theoretischen Vorstellungen eine grosse Zahl neuer Elementarteilchen. Ihr Nachweis soll Antworten auf eine Reihe grundsätzlicher Fragen der Physik liefern, etwa über den Ursprung der Masse, die dunkle Masse und die dunkle Energie im Universum oder die Bedeutung zusätzlicher Dimensionen über die Raumzeit hinaus.
Nachfolger des Large Hadron Collider
Der ILC ist der nächste Schritt nach dem Bau des Schwerteilchenbeschleunigers LHC (Large Hadron Collider) der Europäischen Organisation für Kernforschung (Cern) in Genf. Der LHC nimmt den Forschungsbetrieb im laufenden Jahr auf. Das Nachfolgeprojekt ILC wird nur gebaut, wenn der LHC die erhofften substanziellen Ergebnisse liefert. Ein Entscheid wird somit nicht vor 2010 fallen. Parallel zur Planung des ILC laufen am Cern bereits Machbarkeitsstudien für einen Linearbeschleuniger der übernächsten Generation, der Teilchen auf noch höhere Energien beschleunigen soll, des Clic (Compact Linear Collider). Das Ergebnis dieser Studien wird ebenfalls bis 2010 erwartet.
CHF 8,3 Mrd. und 13'000 Personenjahre
Der ILC wird - wie der LHC in Genf und seit 2004 auch der European Free-electron Laser am Deutschen Elektronensynchrotron in Hamburg - mit supraleitenden Magneten arbeiten. Doch im Gegensatz zum LHC, wo die Teilchen auf einer geschlossenen Kreisbahn beschleunigt werden und dabei durch die so genannte Synchrotronstrahlung laufend Energie abstrahlen, ist die Teilchenbahn beim ILC gerade, und es geht keine Energie verloren.
Um eine Energie von 0,5 TeV zu erreichen, braucht es 16'000 auf die Temperatur von flüssigem Helium abgekühlte Magnete aus Niob. Sie werden zu einer 30 km langen Kavität angeordnet, die in einem geraden Tunnel rund 100 m unter der Erdoberfläche verläuft. Für einen späteren Ausbau auf 1 TeV ist eine Verlängerung auf 50 km nötig.
Das ICFA hat den Aufwand zur Errichtung einer solchen Anlage abgeschätzt. Sie liegen ähnlich hoch wie beim LHC, wenn die dort bereits vorhandenen, weiter benützten Einrichtungen einberechnet werden: USD 1,8 Mrd. (CHF 2,2 Mrd.) für die standortbezogenen Arbeiten und USD 4,9 Mrd. (CHF 6,1 Mrd.) für die technische Ausrüstung. Das ICFA rechnet zudem mit 13'000 Personenjahren für Unterstützungsarbeiten. Mögliche Standorte liegen bei Genf, Chicago, Hamburg oder in Japan.
Quelle
P.B. nach International Committee for Future Accelerators, Pressemiteilung, 8. Februar 2007, Neue Zürcher Zeitung, 14. Februar 2007, und Symmetry, Vol. 3 08/09, Oktober/November 2006