Neuartige Oszillation beobachtet
Wissenschafter haben eine neuartige Neutrino-Oszillation nachweisen können. Dabei wandeln sich Myon-Neutrinos in Elektronen-Neutrinos um. Dies gab die internationale Tokai to Kamioka collaboration (T2K) an der Konferenz der European Physical Society am 19. Juli 2013 bekannt.
Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik gibt es drei Arten von Neutrinos: Tau-, Myon- und Elektronen-Neutrinos. Weil sie fast keine Masse haben und kaum mit Materie wechselwirken, sind sie nur sehr schwer nachzuweisen. Zur Erforschung der Neutrinos hat die T2K-Kollaboration in Japan spezielle Detektoren aufgebaut. Damit ist ihr nun der Nachweis einer neuen Neutrino-Oszillation gelungen: Myon-Neutrinos können sich in Elektronen-Neutrinos umwandeln.
Bereits 2011 hatte die Kollaboration T2K mit grosser Wahrscheinlichkeit erstmals die Umwandlung von Myon-Neutrinos in Elektron-Neutrinos beobachtet. Die T2K-Kollaboration setzte ihre Messungen am «Super-Kamiokande»-Teilchendetektor fort und konnte nun – mit dreieinhalb Mal mehr Daten – die Transformation bestätigen. Die Messungen, die den Überschuss an Elektronen-Neutrinos aufzeigen, schliessen den statistischen Zufall mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als eins zu einer Billion aus. Dementsprechend liegt das Vertrauensintervall bei einer Standardabweichung von 7,5 Sigma. Um als Entdeckung oder Beleg zu gelten, ist in der Teilchenphysik in der Regel ein Sigma-Wert von 5 nötig.
Die Beobachtung der T2K-Kollaboration ist die erste, die belegt, dass am Detektionspunkt eine andere Art von Neutrinos zu finden ist als am Entstehungsort. Die Analyse der am Detektor genommenen Daten zeigte sogar auf, dass aufgrund des neu entdeckten Mechanismus über sechs Mal mehr Elektronen-Neutrinos entstehen als erwartet.
Erster Nachweis 1998
Neutrinos galten lange als unveränderlich, ehe klar wurde, dass sie von einer Form in eine andere übergehen, was als Neutrino-Oszillation bezeichnet wird. 1998 wurde erstmals ein solcher Übergang von Myon-Neutrinos in Tau-Neutrinos anhand des Verschwindens der einen Sorte nachgewiesen.
Dass es Neutrino-Oszillation aufgrund quantenmechanischer Prozesse gibt, sagte der Physiker Bruno Pontecorvo 1957 theoretisch voraus. Die Neutrino-Oszillation ist eine wichtige Eigenschaft der Teilchen und kann zu ihrer Massebestimmung genutzt werden. Zur Beobachtung dieser Elementarteilchen wird am Japan Proton Accelerator Research Complex (J-Parc) in Tokai an der Ostküste Japans ein Myon-Neutrino-Strahl erzeugt. In Tokai wird der Strahl mit einem Detektorkomplex überwacht und ins 295 Kilometer entfernte Kamioka gerichtet. Dort empfängt schliesslich der unterirdische Super-Kamiokande-Detektor die äusserst schwachen und flüchtigen Spuren der eintreffenden Neutrinos.
Quelle
M.A. nach KEK und European Physical Society, Medienmitteilungen, und ETH-Life,19. Juli 2013