Nachhaltige Kernenergie: EU-Taxonomie eine Runde weiter

Die Europäische Kommission hat an ihrer ordentlichen Sitzung den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie angenommen. Die Kriterien, nach denen Kernenergie als nachhaltig gilt, wurden von der Kommission eingehender präzisiert. Die Taxonomie geht nun weiter in den Europäischen Rat und das Europaparlament.

2. Feb. 2022
EU-Kommission
Die EU-Kommission hat ihre Taxonomie-Regelungen bestätigt, nach denen Kernenergie als nachhaltig eingestuft wird.
Quelle: Europäische Union, 2021

Im Januar 2022 wurden zwei Expertengruppen für nachhaltiges Finanzwesen wie auch die Mitgliedstaaten der EU zum Entwurf der Taxonomie konsultiert. Die Kommission hat diese Stellungnahmen nun analysiert und den ergänzenden delegierten Rechtsakt noch einmal angepasst. Es bleibt auch danach dabei: Investitionen in neue Kernkraftwerke sollen als nachhaltig klassifiziert werden können, wenn die Anlagen neuesten technischen Standards entsprechen und wenn diese bis spätestens 2045 eine Baugenehmigung erhalten haben. Zusätzlich ist ein konkreter Plan für den Betrieb einer Entsorgungsanlage für hochaktive Abfälle ab spätestens 2050 als weitere Bedingung vorgesehen.

Foratom, die Dachorganisation der europäischen Atomforen, hat bereits früher moniert, dass die Anforderung, bis 2050 eine funktionsfähige Entsorgungsanlage für radioaktive Abfälle vorweisen zu müssen, ein nur schwer zu erfüllendes Kriterium darstelle. Die Kommission hat die Anforderungen an die nukleare Entsorgung nun dahingehend präzisiert, dass die Mitgliedstaaten ergänzend einen dokumentierten Plan vorlegen müssen, wie die Entsorgungsanlage finanziert und die Kontrollen nach deren Verschluss sichergestellt werden sollen. In Europa sind einzig Finnland und Schweden in der Planung eines Tiefenlagers dermassen fortgeschritten, dass sie diese Kriterien bereits jetzt erfüllen können. Aus Schweizer Sicht ist zudem problematisch, dass einzig Investitionen in nukleare Anlagen in EU-Mitgliedstaaten als nachhaltig gelten sollen. Das Nuklearforum Schweiz hat sich als Mitglied von Foratom dafür ausgesprochen, dass dieses Kriterium auf Drittstaaten ausgeweitet werden soll, sofern diese äquivalente Sicherheitsstandards erfüllen.

Ebenfalls heftig in der Öffentlichkeit diskutiert wurde die Qualifizierung von Gaskraftwerken als nachhaltige Übergangstechnologie. Die Kommission hat im nun vorliegenden Entwurf die Hürden für als nachhaltig geltende Gasinvestitionen weiter gesenkt.

Wie geht es weiter?
Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben nun vier Monate Zeit, den Rechtsakt zu prüfen und Einwände zu erheben. Diese können den Rechtsakt allerdings nur in globo genehmigen oder zurückweisen. Konkret kann der Rat etwa den Entwurf mit einer verstärkten qualifizierten Mehrheit noch ablehnen. Um eine verstärkte qualifizierte Mehrheit zu erlangen, müssen 20 Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65% der Bevölkerung der EU vertreten, den Rechtsakt ablehnen. Das Europäische Parlament hingegen kann den Rechtsakt mit einer absoluten Mehrheit von 353 Stimmen ablehnen. Die Hürden für eine Ablehnung sind entsprechend hoch. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Taxonomie in dieser Form in Kraft tritt und Kernenergie in Form einer Übergangstechnologie als nachhaltig gilt.

Quelle

L.A. nach Europäischer Kommission, Medienmitteilung, 2. Februar 2022

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