Mühleberg: noch höhere Sicherheit dank Ansaugstutzen und Kompaktkühler

Die BKW FMB Energie AG (BKW) reagiert auf neue Erkenntnisse bei der Hochwassergefährdung des Kernkraftwerks Mühleberg (KKM). Zusätzliche Ansaugstutzen in der Aare sollen den Ausfall des bestehenden Notkühlsystems verhindern. Längerfristig ist ein Luftkühler geplant, der für eine diversitäre Wärmeabfuhr sorgt. Da die Arbeiten länger dauern als angenommen, verzögert sich das Anfahren des Reaktors bis in die zweite Septemberhälfte.

1. Sep. 2011
Zwei der drei zusätzlichen Ansaugstutzen für das SUSAN-Einlaufbauwerk.
Zwei der drei zusätzlichen Ansaugstutzen für das SUSAN-Einlaufbauwerk.
Quelle: Nuklearforum Schweiz

Am 30. August 2011 informierte die BKW über den Stand der Arbeiten im KKM. Ein Gutachten der ETH Zürich hatte im Juni 2011 gezeigt, das in einer extremen Hochwassersituation die Wasserzufuhr zum SUSAN-Notstandsystem nicht mit hundertprozentiger Sicherheit gewährleistet ist. Die BKW baut deswegen während des verlängerten Revisionsstillstands des KKM drei zusätzliche Ansaugstutzen auf das SUSAN-Einlaufbauwerk. Sie liegen höher als die bestehenden Einlässe und sollten deshalb nicht von Sand oder Kies verstopft werden, die ein Extremhochwasser aufwühlen könnte. Zum Schutz der Stutzen vor Schwemmgut werden flussaufwärts massive Träger in der Aaresohle verankert. Die Kosten für diese Massnahme liegen laut Hermann Ineichen, Leiter des Geschäftsbereichs Energie Schweiz der BKW, im «tiefen einstelligen Millionenbereich» und damit tiefer als zuerst angenommen. Weiter errichtet die BKW eine Vorrichtung, die mittels mobiler Wasserpumpen für eine alternative Wassereinspeisung sorgen kann. Für einen verbesserten Hochwasserschutz des Pumpenhauses stehen ausserdem ab sofort mobile Schutzwände zur Verfügung. Sie können im Notfall innert rund einer Stunde ausser- und innerhalb des Gebäudes installiert werden.

Neues Prüfsystem für den Kernmantel

Die erwähnten Massnahmen realisierte die BKW teilweise parallel zur mittlerweile abgeschlossenen ordentlichen Revision. Diese umfasste neben dem Austausch von 36 Brennelementen, der Revision von Generator B und dem Dichtheitstest des Primärcontainments auch die Einführung eines neuen Kernmantel-Prüfsystems. Dieses System sowie das entsprechende Personal wurden vorgängig von der Schweizerischen Qualifizierungsstelle geprüft und qualifiziert. Im Gegensatz zum bisher installierten kann das neue Prüfsystem nicht nur die Länge, sondern auch die Tiefe von Rissen im Kernmantel bestimmen. Es ermöglicht ausserdem einen vergrösserten Prüfumfang. Die Daten dieser Prüfung wurden erhoben und werden nun vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) ausgewertet. Davon unabhängig führt auch der Schweizerische Verein für technische Inspektionen eine Auswertung der Kernmantel-Daten durch. Die Überprüfungsergebnisse sollen am Ende des Revisionsstillstandes veröffentlicht werden. Dieser wurde verlängert, da die Arbeiten am SUSAN-Einlaufbauwerk mehr Zeit als vorgesehen in Anspruch nehmen. Das Wiederanfahren des Reaktors ist auf die zweite Septemberhälfte angesetzt.

Diversitäre Wärmeabfuhr dank Kompaktkühler

Das Ensi hatte den Betreibern der Schweizer Kernkraftwerke bis zum 31. August 2011 Zeit gegeben, ein Nachrüstkonzept für den Langzeitbetrieb einzureichen. Im Falle von Mühleberg sieht dieses unter anderem den Bau eines sogenannten Kompaktkühlers vor. Dieser grosse Luftkühler stellt eine diversitäre Möglichkeit zur Wärmeabfuhr dar. Sollte in einer unwahrscheinlichen Extremsituation die Aare nicht für die Abfuhr der Nachzerfallswärme zur Verfügung stehen, könnte der Kühler das für SUSAN benötigte Wasser abkühlen. Laut Ineichen wäre diese Nachrüstung eine «um Dimensionen grössere» Investition als die Ansaugstutzen. Die BKW sei jedoch bereit, «auch grössere Investitionen» in die Sicherheit des KKM zu tätigen. Die Frage, ob für den Kompaktkühler eine Bewilligung des Ensi ausreicht oder eine Baubewilligung notwendig ist, müsse noch geklärt werden. Bis Ende November 2011 müssen die Betreiber der Schweizer Kernkraftwerke mit der Abgabe des Schlussberichts zum EU-Stresstest den Nachweis für den Schutz vor einem 10'000-jährlichen Erdbeben einreichen und bis Ende März 2012 denjenigen für die Kombination eines solchen Bebens mit einem extremen Hochwasser.

Quelle

M.Re. nach BKW, Medienkonferenz, 30. August 2011

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