Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung der Geothermie in der Schweiz
Man geht davon aus, dass es radioaktive Zerfälle von Elementen wie Uran, Kalium und Thorium sind, die im Innern der Erde sehr viel Energie in Form von Wärme erzeugen. Zur technischen Nutzung dieser Energie müssen schon in geringen Tiefen (bis 5'000m) heisse Gesteinsschichten oder Wässer vorliegen. Die Erdwärme kann praktisch überall für Heizzwecke nutzbar gemacht werden. Aber nur wenige Gebiete der Welt eignen sich, um mit Erdwärme elektrischen Strom zu erzeugen. In der Schweiz gibt es kein auf Erdwärme basierendes Kraftwerk. Die bestehenden Schweizer Kernkraftwerke in den nächsten Jahren durch Erdwärmenutzung ersetzen zu wollen ist nicht realistisch.
Was ist Géothermie?
Géothermie heisst Erdwärme. Im Innern der Erde ist eine sehr grosse Menge Wärmeenergie gespeichert. Im inneren Kern der Erde (ab 5100 km Tiefe) herrschen Temperaturen um 5000 °C. 5000 m tief in der Erdkruste sind es noch 60°C bis 240°C, je nach Region. Pro Kilometer Tiefe nimmt die Temperatur im Durchschnitt um rund 30°C zu. Diese Wärme wird nach landläufiger Auffassung durch den Zerfall von radioaktiven Elementen wie z.B. Kalium, Thorium und Uran erzeugt.
Würde der gesamte Teil des Untergrunds der Schweiz bis in eine Tiefe von 7000 m auf 100 °C abgekühlt, so würde die so gewonnene Wärmemenge ca. dem 10'000-fachen des jährlichen Landesheizbedarfs entsprechen.
Wo kann Erdwärme genutzt werden?
Zu einfachen Heizzwecken, das heisst für Raumheizung und Warmwasseraufbereitung, ist eine Erdwärmenutzung grundsätzlich überall möglich. Besonders hohe Untergrundtemperaturen sind dort zu finden, wo tektonische Platten aufeinander treffen, speziell in Regionen aktiver Vulkane.
Um Elektrizitätswerke zu betreiben, sind Gesteinstemperaturen von mehr als 200°C nötig. Es gibt weltweit nur wenige Orte, die in einer Tiefe bis 5000 m bereits so hohe Temperaturen aufweisen. Die bekanntesten Beispiele geothermischer Elektrizitätskraftwerke sind Larderello in Italien, wo bereits anfangs des 20. Jahrhunderts zum ersten Mal mit Dampf aus dem Untergrund Strom erzeugt wurde, und das Geysir-Kraftwerk in Kalifornien, USA. Sehr aktive sogenannte Erdwärmelager gibt es auch in Neuseeland und vor allem in Island.
Ausschlaggebend für die Eignung eines Untergrundes zur grosstechnischen Wärmeentnahme ist die so genannte Wärmeflussdichte. Nur wenn die Gesteinsschichten Wärme gut leiten, kann genug Wärme dorthin nachfliessen, wo die Entnahme stattfindet.
Die unten abgebildete Karte zeigt, welche Wärmeflusswerte in der Schweiz in den Regionen Mittelland und Jura gemessen wurden. Geeignet für geothermische Anwendungen ist die Region in der zentralen Nordschweiz, zwischen dem Rhein und dem Zusammenfluss von Aare, Reuss und Limmat. Zwischen Bad Schinznach und Baden sowie im unteren Aaretal bei Böttstein-Klingnau liegen besonders günstige Verhältnisse vor, ebenso nördlich von Basel im Bereich des Oberrheingrabens.
Wie kann Erdwärme genutzt werden?
Grundsätzlich gibt es zwei Anwendungsbereiche für die Erdwärme: Heizen oder Turbinen antreiben. Beim Heizen können Wärmepumpen eingesetzt werden, die auch geringe Temperaturen im Untergrund nutzen können.
Sofern es gelingt, Warmwasserlager mit Wassertemperaturen von 80°C und mehr anzubohren, so kann dieses direkt verwendet werden. Falls natürliche unterirdische Dampflager oder Geysire angebohrt werden können, so wird die Stromproduktion mit verhältnismässig geringem Aufwand möglich. Das Bild oben zeigt das Dampfkraftwerk Larderello.
Liegt in erreichbarer Tiefe heisses, trockenes Gestein (Hot Dry Rock, HDR) von 200°C und mehr vor, so kann dessen Wärmeenergie dadurch genutzt werden, indem man durch ein Bohrloch Wasser ein - presst und es, nachdem es in den warmen Gesteinsschichten aufgeheizt wurde, wieder hochpumpt. Eine Schwierigkeit dieser HDR-Technologie liegt in der kontrollierten, planmässigen Erzeugung künstlicher Risse im heissen Gestein, durch die das Wasser zirkulieren und die Wärme vom Gestein aufnehmen kann. Andererseits sind Bohrungen bis 5000 m Tiefe teuer und mit dem Risiko, nicht auf die erhofften Wärmelager zu stossen, behaftet.
Wie steht es um die Erdwärmenutzung in der Schweiz heute?
In der Schweiz sind bereits über 70'000 Wärmepumpen erfolgreich im Einsatz. Auch Wärmeverbundsnetze, welche mit Erdwärme gespiesen werden, gibt es. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist Riehen bei Basel. Dort werden etwa 80 Haushaltungen direkt mit Wärmeenergie aus der Tiefe versorgt. Auch solche Anlagen können bereits heute wirtschaftlich betrieben werden. Die Installation ist relativ teuer, was teilweise auf die hohen Bohrkosten zurückzuführen ist.
Zur Stromerzeugung mit Erdwärme sind Forschungs- und Entwicklungsprojekte am Laufen. Deep Heat Mining ist ein Projekt in Basel, das den Bau eines Pilotkraftwerks mit der beschriebenen HDR-Technik vorsieht. Mit der letzten Bohrung ist man bis auf 2750 m Tiefe vorgedrungen und hat dort Gesteinstemperaturen von 124°C gemessen. Im Jahr 2009 soll laut Plan das erste Mal Strom produziert werden, bei Investitionskosten von rund 80 Mio. Franken und mit einer elektrischen Nettoleistung von 2 MW. Die Stromgestehungskosten sollen laut Projektierungsgesellschaft 15-20 Rp./ kWh betragen. Für Bandenergie aus Wasser- und Kernkraftwerken belaufen sich die Stromgestehungskosten in der Schweiz heute typischerweise auf 3-6 Rp./kWh.
Welche Perspektiven hat die Erdwärmenutzung in der Schweiz?
Bereits heute tragen Wärmepumpen mit 2% zur Deckung des Schweizer Heizbedarfs bei. Rund 40% des jährlichen Gesamtenergiekonsums dienen in der Schweiz zu Heizzwecken. Die Erdwärme kann in diesem Bereich noch einen sehr viel grösseren Beitrag leisten und somit zur Treibhausgasreduktion beitragen.
Um in der Schweiz aus Erdwärme Strom zu erzeugen, muss weiterhin Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet werden. Es gibt noch einige ungelöste Probleme in dieser Technologie. Ein gravierender Nachteil ist, dass die Nutzungsdauer eines H DR-Kraftwerks grundsätzlich durch das Abkühlen des erschlossenen Wärmereservoirs begrenzt ist. Man rechnet mit einer Nutzungsdauer von 25 Jahren pro Reservoir. Branchenkenner sind der Meinung, dass erst in 30-50 Jahren grossindustrielle Anlagen einsatzbereit sein werden. Gegenüber Wind- und Solarstrom bietet Strom aus Erdwärme den Vorteil einer konstanten, wetterunabhängigen Prduktion. So könnte die Géothermie zur Erzeugung von Bandenergie beitragen. Hingegen ist ein Ersatz der bestehenden Kernkraftwerke durch Erdwärme-Kraftwerke aus den dargelegten Gründen nicht realistisch.
Quelle
Faktenblatt, SVA