Maturand Robin Zeltner: «Wer weiss, vielleicht helfe ich einmal, ein Fusionskraftwerk zu bauen»
Der 18-jährige Schüler Robin Zeltner hat sich im Rahmen seiner Maturaarbeit an der Kantonsschule Olten intensiv mit der Kernfusion auseinandergesetzt. Und das mit Erfolg: Die Arbeit wurde mit der zweitbesten Note 5 bewertet. Ein Computerspiel hat ihn auf das Thema aufmerksam gemacht. Das Nuklearforum hat mit ihm ein Interview geführt.
Wie bist du auf das Thema deiner Maturaarbeit gekommen?
Tatsächlich ist es beim Gamen gewesen. Dort habe ich das Computerspiel Satisfactory gespielt, in dem es darum geht, auf einem fremden Planeten mit verschiedenen Ressourcen Fabriken zu bauen und alles zu automatisieren. Die Maschinen brauchen Strom, deshalb habe ich ein Kernkraftwerk gebaut. Früher ist die Technologie in dem Spiel nicht so gut gewesen, weil radioaktiver Abfall entstanden ist und man diesen nicht entsorgen konnte. Nach einem Update bestand die Möglichkeit, den Abfall weiterzuverarbeiten. Ich habe darüber nachgedacht, wie es im echten Leben ist, dort ist der Abfall in der Kernkraft auch ein grosses Thema und überlegt, ob es nicht eine Technologie gibt, die keinen Abfall entstehen lässt. Da ist mir in den Sinn gekommen, dass ich mal etwas von der Kernfusion gehört habe und dass das ein gutes Thema für meine Maturaarbeit sein könnte.
Hast du dich schon vorher für Kernenergie und Kernfusion interessiert?
Ich wohne ziemlich nah am Kernkraftwerk Gösgen und darum ist das schon auch immer wieder ein Thema gewesen. Grundsätzlich interessiere ich mich für Physik und dementsprechend auch für die Energiegewinnung. Ich habe aber erst mit der Maturaarbeit angefangen, mich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen.
Wurde in der Schule das Thema Energieversorgung behandelt?
Ja, vor vier bis fünf Jahren hatten wir einen «Wissenschaft und Technik»-Unterricht und dort ein halbes Jahr das Thema Energie allgemein behandelt. Das Thema Energieeffizienz wurde aufgegriffen und es wurde behandelt, wo die Energie in der Schweiz eigentlich herkommt. Aber seither ist das Augenmerk nicht mehr auf der Energieversorgung gewesen.
Wie bist du deine Maturaarbeit angegangen, wo hast du nach verlässlichen Quellen gesucht?
Es gibt schon einige recht vertrauenswürdige Internetseiten, die ich gefunden habe. Zum einen haben wir im Unterricht häufig die Seiten von LEIFIphysik gebraucht. Dort hat es sehr viele gute und recht detaillierte Informationen über die physikalischen Hintergründe. Dann allgemeine Webseiten der Schweiz, vom Bund, ITER und Nuklearforum. Die waren auch sehr gut. Ich habe auch Zeitungsartikel verwendet, wobei ich dort auch manchmal Falschinformationen gefunden habe, als ich nach Kritik an der Kernfusion gesucht habe. Aber das war im Hinblick auf meine Arbeit nicht schlimm, weil es mir eigentlich um Kritik gegangen ist und darum, was die Leute über Kernfusion denken.
Ist es dir leicht gefallen, dich über das Thema zu informieren?
Oberflächliche Informationen zu finden ist eher leicht. Und es ist auch leicht sehr detaillierte Informationen zu finden, die je nachdem schwer zu verstehen sind. Schwieriger war es, einen Mittelweg zu finden, bei dem die Informationen für jeden verständlich sind. Bei mir sind auch viele Fragen offen geblieben, deshalb war es sehr gut, dass ich zwei Interviews mit Experten führen konnte, denen ich noch spezifische Fragen stellen konnte.
Angefragte Umweltorganisationen äusserten sich nicht zum Thema
Du hast gesagt, du hast auch speziell nach Kritik an der Kernfusion gesucht. Wo hast du nach Informationen gesucht?
Das ist nicht ganz einfach gewesen. Ich habe im Internet geschaut und die Kritik, die ich gefunden habe lautet, dass es viel zu viel Geld verschlingt, es noch zu lange geht und am Ende sowieso nicht funktioniert. Das habe ich natürlich aufgenommen, mich interessiert aber, ob es Leute gibt, die die Technologie an sich schlecht finden. Ich hatte erst überlegt eine Umfrage zu machen, aber das wäre wahrscheinlich nicht sinnvoll gewesen, weil das Wissen über Kernfusion bei den meisten Menschen nicht da ist.
Ich habe noch die Umweltorganisationen Greenpeace und den WWF angefragt, wie sie zur Kernfusion stehen. Vom WWF habe ich bis heute keine Antwort bekommen und Greenpeace hat in ihrer Antwort Kernkraft kritisiert, aber nichts zur Kernfusion geschrieben. Deshalb habe ich nochmal nachgefragt, aber die Kernfusion ist bei ihnen noch kein Thema. Einerseits verstehe ich es ja, weil es noch relativ weit in der Zukunft ist, andererseits finde ich, man könnte sich vielleicht schon ein bisschen damit befassen und sich eine Meinung dazu bilden.
Wie nimmst du in deinem Umfeld die Meinung zu Kernenergie wahr?
In meinem Umfeld wird wenig über Kernenergie geredet. Am meisten wird vielleicht noch mit Nachbarn darüber gesprochen. Und alle, deren Meinung ich kenne, sind der Kernenergie gegenüber eher positiv eingestellt. Das liegt teilweise aber auch daran, dass sie dort arbeiten oder gearbeitet haben. Ansonsten wird in der Familie oder in der Schule kaum darüber geredet, deshalb weiss ich nicht, wie die Meinungen sind. Mein Betreuungslehrer hat mich aber darauf hingewiesen, dass ich in meiner Maturaarbeit neutral bleiben soll, weil es eben sehr kontrovers diskutiert wird.
In deiner Arbeit schreibst du, dass noch zu wenige Leute richtig über Fusion informiert sind. Wie glaubst du, könnte man besser über das Thema informieren?
Wichtig finde ich, dass man möglichst neutral bleibt. Aber man muss den Leuten erklären, wie die Technologie grundsätzlich funktioniert. Zumindest so, dass man eine grundsätzliche Vorstellung davon hat, was bei der Kernfusion passiert und wie dort Energie freigesetzt wird. Ausserdem muss klar unterschieden werden, dass Kernfusion nicht das gleiche wie Kernspaltung ist, dass es da grosse Unterschiede gibt und die Risiken der Kernspaltung aus physikalischer Sicht bei der Kernfusion gar nicht vorhanden sind. Allerdings kann man aber auch nicht sagen, dass Kernfusion die Lösung aller Probleme ist. Am Ende wird es eine Kombination mit anderen Technologien sein. Das Gespräch jetzt schon auf politischer Ebene zu führen, fände ich im Moment den falschen Weg, dafür ist es noch zu weit weg und zu unkonkret. Aber die Bevölkerung schon einmal darauf aufmerksam zu machen, finde ich schon gut.
Was sind deine Pläne nach der Matura?
Nach der Matura gehe ich erstmal für ein Jahr ins Militär. Danach kann ich mich dann voll aufs Studium konzentrieren. Eigentlich hätte ich gedacht ein Studium in Mathematik oder Physik wäre noch interessant, trotzdem werde ich wahrscheinlich das Studium zum Bauingenieur beginnen. Das hat mich schon immer fasziniert. Das sieht man auch in dem Spiel Satisfactory, in dem man auch viel bauen und koordinieren muss. Darum finde ich das Studium sehr interessant.
Also kein Studium in Richtung Nuclear Engineering?
Nein, eher nicht. Aber um ein Kernkraftwerk oder so zu bauen, braucht es auch Bauingenieure. Und wer weiss, vielleicht helfe ich ja mal, ein Fusionskraftwerk zu bauen.
Quelle
A.D.