Laserinduzierte Transmutation von lod-129
Einer Gruppe von Wissenschaftlern um Heinrich Schwoerer vom Institut für Optik und Quantenelektronik der Friedrich-Schiller-Universität in Jena ist es in Zusammenarbeit mit Joseph Magill und Mitarbeitern vom Institut für Transurane der Europäischen Kommission in Karlsruhe erstmals gelungen, mit einem Laser die Transmutation von lod-129 in lod-128 auszulösen.
Die Gamma-Neutron-Reaktion wurde durch Bremsstrahlung vermittelt, die ein Laserstrahl höchster Intensität in einer Tantalfolie erzeugte. Im Experiment konnten die Forscher den Wirkungsquerschnitt der Kernreaktion messen. Eine Gruppe unter K W. D. Ledingham von der University of Strathclyde, Glasgow, hat die Ergebnisse in einem unabhängigen Experiment bestätigt: Mit dem Grosslaser Vulcan des Rutherford Appleton Laboratory in Chilton bestrahlten sie ein Goldtarget. Die freigesetzte Bremsstrahlung führte im erwarteten Ausmass zur Transmutation von lod-129-Atomkernen zu lod-128.
Die Experimente eröffnen einen neuen Weg zur Kernumwandlung mit neutralen und geladenen Teilchen, ohne auf Kernreaktoren oder grosse Teilchenbeschleuniger angewiesen zu sein. Eine mögliche praktische Anwendung ist die quantitative Umwandlung langlebiger Isotope im radioaktivem Abfall in kurzlebige und stabile Isotope. So werden jährlich in Kernkraftwerken weltweit rund 2 t des Spaltprodukts 1-129 mit einer Halbwertszeit von 15,7 Mio. Jahren erzeugt. Durch Transmutation in 1-128 umgewandelt, würde es mit einer Halbwertszeit von nur 25 Minuten in das stabile Edelgasisotop Xe-128 zerfallen. Eine andere mögliche Anwendung der laserinduzierten Transmutation ist die Herstellung bestimmter Radioisotope für die Medizin. Zum Beispiel können bis jetzt nur Grossbeschleunigerzentren das für die Diagnose interessante kurzlebige Isotop F-18 liefern. Mit einer Lasereinheit wäre die Produktion im Spital selber zu machen.
Freilich sind bis dahin noch umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu leisten. Der von der deutschen Forschergruppe eingesetzte Laser in Laborgrösse erzeugt zwar nur äusserst kurze Strahlungsimpulse von weniger als 100 Femtosekunden (100x10-15s) Dauer mit einer Strahlenergie von rund 1 J. Aber er erreicht eine Intensität von 100 Exawatt/cm2 (100 x 1018W/cm2) auf einer Auftrefffläche von rund 5 um2, und die Repetitionsrate liegt bei 10 Mal in der Sekunde. Der britische Grosslaser Vulcan verfügt über eine wesentlich höhere Strahlleistung und Impulsdauer, doch ist die Repetitionsrate mit 1 Mal in der Stunde ungleich tiefer. Auch dieser Laser erreicht eine Intensität von rund 100 EW/cm2 auf einer Fläche von immerhin 20 um2. Trifft Licht solcher Intensität auf einen Festkörper wie Tantal oder Gold auf, werden dort Elektronen auf relativistische Geschwindigkeiten beschleunigt und auch gleich wieder abgebremst. Das Energiespektrum der dabei freigesetzten Bremsstrahlung liegt im Bereich von 10-20 MeV und entspricht einer harten Gammastrahlung. Dies reicht aus, um bestimmte Kernumwandlungsreaktionen auszulösen. Der gemessene Wirkungsquerschnitt für die Transmutation von 1-129 zu 1-128 liegt bei 100-400 Millibarn. Die weitere Entwicklung des Verfahrens zielt darauf ab, die Laserstrahlintensität um einen Faktor 100 zu verbessern. Damit dürfte die Reaktionsausbeute drastisch aufwerte anwachsen, die für eine praktische Anwendung interessant sind.
Quelle
P.B. nach Journal of Physics D, Vol. 36/2003, Journal of Applied Physics B, Vol. 77-4/2003 und Neue Zürcher Zeitung, 22. Oktober 2003