Kroatien: Experten weisen Berichte über „Atommüll-Skandal“ zurück
Der „Blick“ vom 19. Januar 2001 brachte eine Titelgeschichte mit der Schlagzeile „Atommüll-Skandal“.
Im Artikel wird behauptet, Recherchen in der bergigen Region Pozeska in Zentralkroatien hätten gezeigt, dass die Natur ?wegen einer Nuklearkatastrophe von ungeahntem Ausmass? verrückt spielt. Blick: ?Hühner legen grüne Eier. Ferkel haben acht Beine. Und die Pilze sind gross wie Fussbälle.? Die Zeitung weiter: ?Die Menschen von Pozeska sind sich sicher: Im Berggebiet von Papuk wurden heimlich radioaktive Abfälle vergraben.? Die Regierung versuche ?seit Jahren mit allen Mitteln, den Atommüll-Skandal im Papuk-Gebirge zu vertuschen?. Es sei Tatsache, dass 30-mal höhere Radioaktivität als in anderen Gebieten Kroatiens gemessen wurde.
Gegenüber der internationalen Kernenergie-Nachrichtenagentur NucNet erklärte Antun Schaller, Stellvertretender Direktor bei der kroatischen Organisation für die Handhabung gefährlicher Abfälle (APO), jedoch gleichentags: ?Wir möchten betonen, dass uns keine Informationen über irgendwelche Beseitigungsaktivitäten für radioaktiven Abfall in der Region vorliegen. Es stimmt, dass in einigen Magazinen Geschichten über eine ?Nuklearkatastrophe' in der Region erschienen sind, aber es gibt keine Hinweise, die diese Berichte bestätigen.?
Zu den Behauptungen im Blick führte Schaller aus, es könne kategorisch ausgeschlossen werden, dass radioaktive Abfälle aus Kroatiens einzigem Kernkraftwerk in Krsko an der Grenze zu Slowenien im besagten Gebiet beseitigt wurden. Kein einziges Abfallfass aus Krsko sei irgendwo in Kroatien entsorgt worden - der ganze Betriebsabfall werde nach wie vor auf dem Anlagengelände zwischengelagert. Diese Aussage bestätigte Iwan Spiler, Verwaltungsdirektor bei der Nuklearna Elektrarna Krsko, gegenüber NucNet.
Gemäss Schaller gibt es keine Hinweise auf eine signifikant höhere Krebs- oder Missgeburtshäufigkeit in der Region Pozeska. Die APO habe auch keine Kenntnis von ?grünen Eiern, Tieren mit drei oder acht Köpfen oder irgendetwas dieser Art?. Es stimme des Weiteren nicht, dass das Radioaktivitätsniveau in der Region 30-mal höher als in anderen Teilen Kroatiens ist. Beamte des Ministeriums für Gesundheit hätten Messungen durchgeführt und keine Anzeichen für unüblich hohe Niveaus gefunden. Unterschiede zu anderen Orten bei der Hintergrundstrahlung seien geologisch bedingt - insbesondere durch das verbreitete Vorkommen von Granit und ähnlichen Gesteinen mit überdurchschnittlich hohem natürlichem Uran- und Thoriumgehalt.
Schaller erklärte weiter, die Region sei offiziell aus dem Standortwahlverfahren für ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Kroatien ausgeschlossen worden. Es sei nicht möglich, dass dort in Zukunft irgendwelche radioaktiven Abfälle entsorgt werden. Es stimme auch nicht, dass die Region Papuk - wie im Blick dargestellt - von der kroatischen Armee als ?Hochsicherheitszone? behandelt wird: Zivilisten hätten ungehinderten Zugang. Ebenso unwahr sei, dass die kroatische Armee während der Kämpfe mit serbischen Einheiten Anfang der 90er-Jahre Munition aus abgereichertem Uran verwendete. Die APO sei sich keiner Beseitigung von radioaktivem Abfall in der Region bewusst, weder durch Zivilisten noch durch das Militär. Behauptungen, wonach die frühere jugoslawische Armee vor dem Auseinanderfallen Jugoslawiens dort radioaktive Stoffe entsorgt haben könnte, werde jedoch nachgegangen.
Quelle
M.S. nach NucNet, 19. Januar 2001