Kernbrennstoffsteuer europarechtswidrig?
Das Finanzgericht Hamburg wird den Gerichtshof der Europ äischen Union (EuGH) einschalten, um die Klage der E.On AG zu überprüfen, ob die deutsche Kernbrennstoffsteuer mit dem Europarecht im Einklang stehe.
Für das Finanzgericht Hamburg sei nicht zweifelsfrei festzustellen, ob das zum 1. Januar 2011 in Deutschland in Kraft getretene Kernbrennstoffsteuergesetz im Einklang mit dem Europarecht stehe oder ob es wegen Europarechtswidrigkeit nicht angewandt werden dürfe. Das Verfahren werde unterbrochen, bis die Antwort des EuGH vorliege, erklärte das Finanzgericht Hamburg. Dort sind Klagen für fünf Kernkraftwerke hängig, deren Gesamtstreitwert mehr als EUR 2,1 Mrd. (CHF 2,6 Mrd.) beträgt.
Am 1. Januar 2011 trat das Kernbrennstoffsteuergesetz in Kraft, mit dem der Bund eine neue Steuer auf die Verwendung von Kernbrennstoffen eingeführt hat. Für jedes Gramm Brennstoff wird bei einem Wechsel der Brennelemente in einem Kernkraftwerk EUR 145 (CHF 179) fällig. Bei der Einführung der Steuer wurde mit einer jährlicher Einnahme von EUR 2,3 Mrd. (CHF 2,8 Mrd.) gerechnet. Von den damals 17 Kernkraftwerkseinheiten sind nach der auf den Reaktorunfall von Fukushima folgenden Energiewende allerdings nur noch neun in Betrieb.
Das Kernbrennstoffsteuergesetz war von Beginn an rechtlich umstritten. Aufgrund erheblicher Zweifel an der Verfassungsmässigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes gewährte das Finanzgericht Hamburg der E.On AG bereits mit Beschluss vom 16. September 2011 vorläufigen Rechtsschutz, der allerdings vom Bundesfinanzhof aus formellen Gründen wieder aufgehoben wurde. In weiteren Eilverfahren äusserte neben dem Finanzgericht Hamburg auch das Finanzgericht München ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmässigkeit der Kernbrennstoffsteuer, wohingegen das Finanzgericht Baden-Württemberg das Gesetz für verfassungs- und europarechtsgemäss hielt.
Gerichtspräsident Christopf Schoenfeld erklärte: «In der Sache werden wir den EuGH insbesondere fragen, ob die europäische Energiesteuerrichtlinie die Erhebung einer Steuer auf die zur Erzeugung von elektrischem Strom eingesetzten Kernbrennstoffe verbietet. Er fügte bei, es auch zu fragen, ob die Kernbrennstoffsteuer als eine indirekte Steuer auf elektrischen Strom im Sinne der europäischen Verbrauchsteuersystemrichtlinie anzusehen sei. Die Frage sei deshalb von Bedeutung, weil diese Richtlinie den Mitgliedsstaaten die Erfindung neuer Stromsteuern zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung verwehre. Beschlüsse mit sogenannten Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH sind unanfechtbar.
Quelle
M.A. nach Finanzgericht Hamburg, Medienmitteilung, 19. November 2013