Japan: Wirbel um Fälschungen von Inspektionsberichten
In Japan ziehen vermutete Fälschungen von Inspektionsberichten immer grössere Kreise: Seit Ende August bekannt wurde, dass in einigen Kernkraftwerken der Tokyo Electric Power Company (Tepco) bei freiwillig durchgeführten Inspektionen vermutlich solche Fälschungen stattfanden – der Schlussbericht liegt noch nicht vor –, gaben fünf hochrangige Mitarbeiter der Firma, darunter Tepco-Präsident Nobuya Minami, ihren Rücktritt bekannt. Zudem begann die Firma, mehrere Kernkraftwerksblöcke, in welchen eventuell Fälschungen vorkamen, vorübergehend ausser Betrieb zu nehmen.
Betroffen von der Schliessung sind die Blöcke Fukushima-I-4, Fukushima-II-2, Fukus-hima-II-3, Fukushima-II-4 und Kashiwazaki-1. Mit diesen Massnahmen will die Betreiberin das Vertrauen der Bevölkerung in die Kernenergie wieder herstellen.
Dieses war nach Ausführungen der japanischen Aufsichtsbehörde NISA zerstört worden, als sie bekannt gab, sie untersuche die "Möglichkeit", wonach Aufzeichnungen aus den späten 1980er-Jahren gefälscht worden seien. Die Aufzeichnungen betreffen die Entdeckung von Rissen und Rissanzeigen sowie Reparaturen in den betroffenen Anlagen. Gemäss weiteren Ausführungen der Aufsichtsbehörde haben die fraglichen Punkte aber keine direkten Auswirkungen auf die Reaktorsicherheit.
Vom Vertrauensverlust in der Bevölkerung durch die Probleme der Tepco ist auch die andere grosse Kernkraftwerks-Betreiberin, die Japan Atomic Power Company (Japc), betroffen. Der Gouverneur der Präfektur Fukui, Yukio Kurita, hat erklärt, er werde vorläufig keine provisorische Zustimmung für den Neubau von Kernkraftwerken erteilen. Japc möchte am Standort Tsuruga zwei fortgeschrittene Druckwasserreaktorblöcke mit je 1420 MW Leistung erstellen. Kurita erklärte an einer Pressekonferenz: "Ich kann in einer Zeit, in der das Misstrauen in die Kernenergie wächst, keine vorläufige Zustimmung geben." Gleichzeitig gab die Tepco aber bekannt, sie wolle ihr Bauprogramm für neue Kernkraftwerke nicht verschieben.
Erneut zurückgestellt wurde aber der Einsatz von Uran-Plutonium-Mischoxid-(Mox-)Brennstoff in den Kernkraftwerken Fukushima und Kashiwazaki. Ein Sprecher der britischen Firma BNFL, welche Japan als einen der wichtigen Überseemärkte für die Versorgung mit Brennstoff aus der Mox-Fabrikationsanlage in Sellafield betrachtet, erklärte, mit dem Vorfall werde der Beginn des japanischen Mox-Einsatzes vermutlich verzögert. Es sei aber noch zu früh, den Gesamteffekt abzuschätzen.
Quelle
H.R. nach Japan Atomic Industrial Forum, Mitteilungen vom 30. August, 2., 3. und 9. September sowie BNFL, Mitteilung vom 30. August 2002
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