Ines-Stufe-2-Ereignis bei Brennstoffwechsel in Dungeness-B1
Ein Zwischenfall bei Brennstoffwechselarbeiten im Kernkraftwerksblock Dungeness-B1 (525 MW, AGR) der British Energy ist provisorisch als «Zwischenfall» der Stufe 2 auf der internationalen nuklearen Ereignisskala (Ines) eingestuft worden, denn eine unzweckmässige Massnahme der Betriebsmannschaft hat die gestaffelte Sicherheitsvorsorge gegen einen Kritikalitätsunfall geschwächt.
Der Zwischenfall trat am 29. Juni 2009 im fortgeschrittenen gasgekühlten Reaktor von Block B1 des Kernkraftwerks Dungeness an der Küste von Kent ein. Laut dem am 6. Juli 2009 auf der Ines-Internetseite veröffentlichten Bericht wurde «beim Absenken des Brennstoffstopfens auf einen frischen Brennstoffträger festgestellt, dass die Kupplung nicht richtig eingeklinkt war und ein Fremdkörper eingeschlossen wurde». Beim Fremdkörper handelte es sich offenbar um ein Stück einer elastischen Abdeckfolie, die vorgängig bei Instandhaltungsarbeiten eingesetzt worden war.
Das Versagen der Kupplungsklinke stellte die Betriebsmannschaft im Rahmen eines Tests fest, der zum Brennstoffwechselverfahren gehört und bei dem der Brennstoffträger angehoben wird. Die Wechselarbeiten wurden sofort unterbrochen, doch blieb der Brennstoffträger rund 3 m über seiner Endposition hängen. Um Schäden durch einen möglichen Absturz zu verhüten, schäumte die Betriebsmannschaft unterhalb der Kassette im Brennstoffkanal Polyurethan auf. Erst nachher wurde bedacht, dass Polyurethan wie ein Moderator wirken kann und somit die technischen Spezifikationen verletzt waren. Der Schaum kam nicht in Kontakt mit dem Brennstoffträger. Dieser wurde sodann mechanisch gegen einen Absturz gesichert.
Kein Austritt von Radioaktivität
Das Anbringen des Polyurethanschaums hat den gestaffelten Schutz des Reaktors gegen einen Kritikalitätsunfall verschlechtert, was die provisorische Ines-Klassierung des Ereignisses auf Stufe 2 rechtfertig. Zu Brennstoffschäden und dem Austritt radioaktiver Stoffe ist es indessen nicht gekommen. Eine Untersuchung ist im Gang.
Zum Verständnis des Vorfalls ist anzumerken, dass der Brennstoffwechsel beim AGR von oben her mit einer Maschine erfolgt, die einen Wechsel während des Reaktorbetriebs erlauben würde. Die Maschine hebt und senkt die Brennstoffkassetten, die sich in den gut 300 Brennstoffkanälen des Grafitblocks befinden, der als Moderator wirkt. Jeder Wechselvorgang umfasst ein mehrstufiges Verfahren mit systematischer Prüfung der richtigen Position der Brennstoffkassette und ihrer Teile. Jede Kassette besteht aus einem Brennstoffträger – dem sogenannten Stringer – und einem Brennstoffstopfen, der den Kanal gegen oben abschliesst. Der Stringer umfasst sieben oder acht Brennelemente aus je 36 Brennstäben, Messsonden und eine Grafitumhüllung, um eine optimale Strömung des Kühlungsgases CO2 sicherzustellen.
Quelle
P.B. nach Ines, News, und NucNet, 6. Juli 2009