IEA zur Schweizer Energiepolitik: Langzeitbetrieb der Kernkraftwerke wichtig

Die Schweiz wird gemäss einem Überprüfungsbericht der Internationalen Energieagentur (IEA) mit den aktuellen politischen Massnahmen das Emissionsreduktionsziel für 2030 nicht erreichen. Neben einem rascheren Ausbau der erneuerbaren Energien brauche es für eine unterstützende und kostengünstige Lösung auch den Langzeitbetrieb der Schweizer Kernkraftwerke, wobei auf den Kompetenzerhalt der Fachkräfte zu achten sei.

14. Sep. 2023
Kernkraftwerk Gösgen aus Vogelperspektive
Gemäss IEA ist ein Langzeitbetrieb der Kernkraftwerke eine kosteneffiziente Lösung, um – gemeinsam mit den variablen Erneuerbaren – das Schweizer Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen.
Quelle: Patrick Federi via Unsplash

Die IEA überprüft regelmässig die Energiepolitik ihrer Mitgliedsländer, um einen sicheren und erschwinglichen Übergang zu sauberer Energie zu unterstützen. In ihrem neuesten Bericht «Switzerland 2023 – Energy Policy Review» kommt die IEA zum Schluss: «Die derzeitigen politischen Massnahmen reichen nicht aus, um das mittelfristige Emissionsreduktionsziel der Schweiz für 2030 zu erreichen. Der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie und die beschleunigte Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors stellen eine Herausforderung dar.» Die Schweiz sei in den Wintermonaten von Stromimporten abhängig und müsse die Kapazitäten der erneuerbaren Energien rasch ausbauen – insbesondere Technologien, die im Winter mehr Strom erzeugten.

In ihrem Bericht ging die IEA auf das im Schweizer Gesetz verankerte Erreichen des Netto-Null-Ziels bis 2050 und den Langzeitbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke im Kontext des schrittweisen Ausstiegs aus der Kernenergie ein. Dabei würdigte sie: «Die Kernenergie ist seit Jahrzehnten die zweitgrösste Stromerzeugungsquelle der Schweiz.» Die Kernenergie biete eine zuverlässige Grundlastversorgung und ergänze die Wasserkraft insbesondere in den Wintermonaten. Solange die Kernkraftwerke sicher seien, würden diese auch weiterhin wesentlich zum hohen Anteil der kohlenstoffarmen Stromerzeugung der Schweiz beitragen. Die Betreiber planten eine Laufzeit der Kernkraftwerke von 60 Jahren. «Aus technischer Sicht sollte der Langzeitbetrieb nicht auf grössere grundlegende technische Hindernisse stossen», sagte die IEA und erwähnte, dass die Betreiber ihre Anlagen kontinuierlich für den Langzeitbetrieb aufrüsten würden.

Laut IEA kann der Langzeitbetrieb der Kernkraftwerke zudem den Ausbau der variablen erneuerbaren Kapazitäten ergänzen. Das benötigte Uran beschaffe die Schweiz auf dem Weltmarkt: «Die Anreicherung erfolgt durch verschiedene Auftragnehmer, und auch die Brennstoffherstellung ist ebenso diversifiziert, was die Risiken von Versorgungsunterbrechungen stark reduziert.»

Kernenergie zusammen mit variablen Erneuerbaren sei kosteneffiziente Lösung
«Darüber hinaus kann der Langzeitbetrieb bestehender Kernkraftwerke […] beträchtliche Vorteile bringen. Eine gemeinsame Studie der IEA und der Nuclear Energy Agency aus dem Jahr 2020 ergab Stromgestehungskosten von rund 30 USD/MWh [umgerechnet unter 3 Rp/kWh] für den Weiterbetrieb der Schweizer KKW über mindestens 10 oder 20 Jahre», hielt die IEA fest und schlussfolgerte: «Ein Stromerzeugungsmix aus dem Langzeitbetrieb der beiden jüngsten Kernkraftwerke der Schweiz und variablen erneuerbaren Energiequellen – hauptsächlich Photovoltaik – ist aus der Systemperspektive eine kosteneffiziente Lösung, um das Schweizer Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen.»

Die IEA sieht auch Potenzial für die Erzeugung von kohlenstoffarmem, sogenannt pinkem Wasserstoff mithilfe der Kernenergie und somit eine weitere Einnahmequelle für die Kernkraftwerksbetreiber: «Die Regierung könnte […] auch untersuchen, wie der Langzeitbetrieb bestehender Kernkraftwerke zur Produktion von Wasserstoff für den industriellen Bedarf beitragen könnte, bis ein Wasserstoffnetzwerk in der Schweiz und generell in Europa aufgebaut ist.»

Fachkräfte wichtig für Langzeitbetrieb
Die IEA thematisierte zudem, dass die Forschung in der Kernenergie im Vergleich zur Forschung anderer Erzeugungsarten über die letzten Jahre prozentual markant weniger gefördert worden sei. Sie erinnerte daran, dass «im Konzept der Energieforschung des Bundes 2021–2024 [der Eidgenössischen Energieforschungskommission CORE] der Erhalt des Know-hows für den sicheren Betrieb […] und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle zu den wichtigsten Prioritäten» gehöre und somit auch bedeutend hinsichtlich Langzeitbetrieb sei. Die Schweizer Regierung solle «gemeinsam mit der Industrie einen Fahrplan zur Unterstützung von Forschung und Entwicklung sowie zur Ausbildung qualifizierter Arbeitskräfte entwickeln, die für alle nuklearbezogenen Tätigkeiten benötigt werden, auch für Tätigkeiten wie Stilllegung, Abfallentsorgung und -lagerung, die nicht zur Energieerzeugung direkt beitragen», empfahl die IEA.

Quelle

B.G. nach IEA, Überprüfungsbericht zur Schweizer Energiepolitik, 11. September 2023

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