HEW-Verwahrung gegen Nachlässigkeitsvorwürfe

Die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) verwahren sich in aller Form gegen Vorwürfe, sie hätten als geschäftsleitende Gesellschaft des deutschen Kernkraftwerks Brunsbüttel (BWR,771 MW) die interne Weisung erteilt, nach einem Störfall am 14. Dezember letzten Jahres die Abschaltung für eine Inspektion zu unterlassen.

7. März 2002

Deutsche Massenmedien und allen voran der "Spiegel" behaupteten Anfang März, eine solche Weisung sei erteilt worden, weil die HEW sonst möglicherweise Ersatzstrom zu winterbedingten Höchstpreisen von "bis zu 80 Millionen Euro" hätten bereitstellen müssen.
In ihrer Stellungnahme erinnern die HEW daran, dass Kraftwerksleitungen hinsichtlich sicherheitstechnischer Entscheide weisungsfrei von Geschäftsführern und Vorständen arbeiten. Am 14. Dezember habe die Kraftwerksleitung Brunsbüttel unmittelbar nach Entdeckung einer Dampfleckage entsprechend den Fahrvorschriften die Anlagenleistung auf 50% verringert und den Lastverteiler über eine mögliche Abschaltung informiert. Die Aufgabe des Lastverteilers ist, den Strombezug sicherzustellen. Er traf daher über das Nordic Powerhouse - die für die HEW arbeitende Stromhandelgesellschaft - die erforderlichen Dispositionen, um auf einen vollständigen Ausfall des Kraftwerks vorbereitet zu sein. In der Folge stellte sich heraus, dass die Dampfleckage in Brunsbüttel ein sicherheitstechnisch nicht bedeutsames System betraf. Die Kraftwerksleitung konnte daher auf eine Abschaltung verzichten und Brunsbüttel wieder auf volle Leistung bringen. Die Behandlung des Störfalls entsprach in allen Teilen den Vorschriften. Das einzig Neue im Vergleich zu früheren Störfällen -und in diesem Punkt entspreche die Darstellung des "Spiegel" doch den Tatsachen, merken die HEW mit Ironie an - sei der Beizug des Nordic Powerhouse, denn diese Gesellschaft gebe es erst seit November 2001.
Bei der weiteren Untersuchung des Störfalls kam der zuständige Technische Überwachungsverein TÜV Nord am 10. Januar 2002 zum Schluss, der Weiterbetrieb der Anlage sei tatsächlich sicherheitstechnisch unbedenklich gewesen: In der Deckelsprühleitung, die nur zur Beschleunigung des Herunterfahrens vor einer Jahresabschaltung dient und im Leistungsbetrieb vom Reaktorkreislauf abgesperrt bleibt, war in einem Rohrstück eine Leckage eingetreten, die zum Austritt von Restwasser und damit zur Dampfbildung im Containment führte. Nach einer Leistungsabsenkung wurden die Schäden am 18. Februar 2002 im Beisein von TÜV-Nord-Vertreten vor Ort inspiziert. Sie stellten sich als umfangreicher heraus als angenommen: Die Sprühleitung war auf 2-3 m Länge zerstört. Eine mögliche Ursache ist, dass aus dem Restwasser radiolytisch gebildeter Wasserstoff im Rohrinnern verpufft war. Das Ereignis ist provisorisch auf Stufe 1 der internationalen Störfallbewertungsskala für Kernanlagen (Ines) eingeordnet worden.
Die HEW trafen unmittelbar die nötigen Massnahmen zur Instandstellung und künftigen Vermeidung solcher Störfälle. Sie verwahren sich daher auch gegen indirekte Vorwürfe aus dem Bundesministerium für Umwelt und Reaktorsicherheit. Anfangs März hiess es dort, "dass die entstandenen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers vollständig ausgeräumt würden." Die HEW würden zusammen mit den atomrechtlichen Aufsichtsbehörden den Störfall nach rein sachlichen Gesichtspunkten behandeln, die erhobenen Forderungen abarbeiten und damit die Voraussetzungen für einen ordnungsgemässen und sicheren Weiterbetrieb der Anlage schaffen.

Quelle

P.B. nach Medienmitteilungen der HEW vom 4., 5. und 6. März und NucNet vom 8. März 2002

Bleiben Sie auf dem Laufenden

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Zur Newsletter-Anmeldung

Profitieren Sie als Mitglied

Werden Sie Mitglied im grössten nuklearen Netzwerk der Schweiz!

Vorteile einer Mitgliedschaft