Grossbritannien: Weg frei für Kernenergie

Die britische Regierung hat am 18. Oktober 2010 eine weitere Vernehmlassung des überarbeiteten Entwurfs zu den «nationalen Energie-Planungsrichtlinien» eröffnet. Demnach soll die Hälfte der in Grossbritannien neu zu schaffenden Energieversorgungskapazitäten bis 2050 aus erneuerbaren Quellen stammen. Ein erheblicher Anteil an der verbleibenden Hälfte sollen CO2-arme Quellen wie die Kernenergie oder fossile Brennstoffe mit Kohlenstoffrückhaltung (CCS) decken und die Stromerzeugung soll praktisch CO2-frei werden.

20. Okt. 2010
Chris Huhne: «Aufgrund der Rolle, die die nationalen Energie-Planungsrichtlinien innerhalb des Planungssystems einnehmen, sind sie entscheidend, um eine gesicherte, CO[sub]2[/sub]-arme Energieversorgung zu gewährleisten.»
Chris Huhne: «Aufgrund der Rolle, die die nationalen Energie-Planungsrichtlinien innerhalb des Planungssystems einnehmen, sind sie entscheidend, um eine gesicherte, CO[sub]2[/sub]-arme Energieversorgung zu gewährleisten.»
Quelle: DECC

Ein sprunghafter Anstieg der Investitionen in neue Energiequellen sei nötig, wenn die Energieversorgungssicherheit des Landes gewährleistet und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen in den kommenden Jahrzehnten verringert werden soll, erklärte Chris Huhne, Secretary of State for Energy and Climate Change, bei der Vorstellung der Energie-Planungsrichtlinien vor dem Parlament.

«Ich habe das Patt zwischen den Befürwortern der erneuerbaren Energien und der Kernenergie satt, das bedeutet, wir haben weder das eine noch das andere», monierte Huhne. «Wir brauchen dringend Investitionen in neue und vielfältige Energiequellen zur Versorgung des Landes. Wir benötigen erneuerbare Energien, neue Kernenergie und fossile Brennstoffe mit CCS sowie die Leitungen, um sie ans Stromnetz anzuschliessen. Ein grosser Teil des derzeitigen Kraftwerksparks müsste nämlich altersbedingt abgeschaltet werden», erklärte er weiter. Der Markt brauche Sicherheit, um Investitionen zu tätigen, und die Regierung sei entschlossen, alle Hindernisse auf dem Weg zur Realisierung der Energiestrategie auszuräumen.

Acht potenzielle Standorte für neue Kernkraftwerke

Aus der bestehenden Liste potenzieller Neubaustandorte bestimmte die Regierung deren acht, die für den Bau neuer Kernkraftwerke geeignet sind. Dies sind Bradwell, Hartlepool, Heysham, Hinkley Point, Oldbury, Sellafield, Sizewell und Wylfa. Die zwei vorgeschlagenen neuen Standorte in Cumbria im Nordwesten Englands – Braystones (3 km nördlich von Sellafield) und Kirksanton (25 km südlich von Sellafield) – lehnte sie aus Naturschutzgründen ebenso ab wie den bereits im April 2009 abgewiesenen Standort Dungeness.

Neue Reaktortypen

Zudem gab Huhne bekannt, dass zwei Reaktortypen der dritten Generation – der European Pressurized Water Reactor (EPR) der Areva NP und der Electricité de France sowie der AP1000 der Westinghouse Electric Company – als «justified» gelten sollen. Das heisst, ihr Anwendungsnutzen überwiegt mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen durch ionisierende Strahlung. Mit diesem Entscheid erhofft sich die Regierung eine Vereinfachung der Verfahren zum Bau neuer Kernkraftwerke in Grossbritannien. Beide Reaktortypen befinden sich in der Vorlizenzierung, die 2007 begann. Bevor die «regulatory justification» in Kraft tritt, muss das Parlament sie genehmigen.

Übernahme finanzieller Risiken durch die Regierung möglich

Zwar schloss Huhne weiterhin öffentliche Subventionen für den Bau neuer Kernkraftwerke aus: «Lasst mich klar sein. Das bedeutet, keine Zuschüsse, direkten Zahlungen oder Marktstützung für Strom, der von privaten Betreibern neuer Kernkraftwerke stammt, es sei denn, auch andere Erzeugungsarten würden ähnlich unterstützt.» Aber um Investitionen in CO2-arme Stromerzeugung zu fördern, werde die Kernenergie aus neuen Anlagen beispielsweise von bereits bestehenden Massnahmen oder breiter angelegten Reformen des Strommarkts profitieren, teilte er weiter mit. Huhne räumte ein, dass die Regierung unter gewissen Umständen bereit wäre, finanzielle Risiken oder Verpflichtungen zu übernehmen, so bei angemessener Entschädigung oder entsprechendem Nutzen. Die Regierung sei zudem an die internationalen Abkommen zur Kernenergiehaftpflicht gebunden.

Nächste Schritte

Das Parlament hat bis zum 31. Januar 2011 Zeit, den überarbeiteten Entwurf zu den nationalen Energie-Planungsrichtlinien zu prüfen. Die öffentliche Vernehmlassung dauert bis zum 24. Januar 2011. Laut Huhne sollen die endgültigen Planungsrichtlinien dem Parlament im nächsten Frühjahr vorgelegt werden.

Die Nuclear Industry Association (NIA) zeigte sich sehr zufrieden mit den Ankündigungen der Regierung. Es sei erfreulich, dass die Regierungskoalition nach positiven Worten auch konkrete Handlungen folgen liess, erklärte Keith Parker, CEO der NIA.

Quelle

M.A. nach DECC und NIA, Medienmitteilungen, 18. Oktober 2010

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