Grossbritannien unterstreicht Kernenergie-Pläne mit neuen Strategien
Die britische Regierung legt in der am 26. März 2013 publizierten Strategie «The UK’s Nuclear Future» dar, wie Grossbritannien den grössten wirtschaftlichen Nutzen aus dem Ausbau der Nuklearindustrie ziehen kann – im eigenen Land wie auch im Ausland. Die gleichentags publizierte «Long-term Nuclear Energy Strategy» führt auf, welche Prioritäten die Regierung bei der Entwicklung der Kernenergie bis 2050 und darüber hinaus setzt.
Das britische Department of Energy and Climate Change (DECC) und das Department for Business, Innovation and Skills (BIS) veröffentlichten Ende März 2013 gemeinsam das 90-seitige Strategiepapier «The UK’s Nuclear Future». Insgesamt will die britische Regierung in den nächsten Monaten für elf Schlüsselsektoren solche Strategien publizieren. Die Nuklearindustrie, die auch massgeblich an der Ausarbeitung der Strategie beteiligt war, wird im vorliegenden Papier umfassend ausgeleuchtet – von Kernkraftwerksneubauten, dem Abfallmanagement und der Stilllegung bis zu Kernbrennstoffdienstleistung sowie Betrieb und Unterhalt von Werken. Die britische Regierung rechnet in ihrer Strategie vor, dass in den nächsten zwei Jahrzehnten weltweit insgesamt GBP 930 Mrd. (CHF 1330 Mrd.) in den Neubau und GBP 250 Mrd. (CHF 360 Mrd.) in die Stilllegung von Kernkraftwerken investiert werden. Das Neubauprogramm in Grossbritannien alleine habe das Potenzial, an seinem Höhepunkt bis zu 40’000 neue Arbeitsstellen im Nuklearsektor zu schaffen. Die neue britische Strategie für die Nuklearindustrie legt die Basis für eine langfristige Partnerschaft zwischen der Regierung und der Industrie mit dem Ziel, den grössten Nutzen aus den sich bietenden Möglichkeiten zu ziehen.
Fokus auf Stärkung der Forschung und Entwicklung
Eine wichtiges Schlüsselelement der Strategie ist der Aufbau einer National Nuclear Users Facility für Universitäten und Unternehmen, an der die kerntechnische Forschung im Zentrum steht. Die Einrichtung, welche die Regierung mit GBP 15 Mio. (CHF 22 Mio.) unterstützen will, soll über Zentren im National Nuclear Laboratory (NLL) in Sellafield, im Culham Centre for Fusion Technology und an der University of Manchester’s Dalton Cumbrian Facility verfügen. Das NLL soll zudem eine zentrale Rolle bei der Strategieumsetzung erhalten und die Regierung in Kernenergiefragen sowie strategischen Forschungsprojekten beraten. Wie bereits Mitte März 2013 bekannt geworden ist, will sich Grossbritannien zudem mit einem Beitrag von GBP 12,5 Mio. (CHF 17,9 Mio.) am internationalen Hochflussreaktor Jules Horowitz (RJH) im französischen Forschungszentrum Cadarache beteiligen. Der RJH soll 2014 den Betrieb aufnehmen. Die Regierung gab 2011 insgesamt GBP 66 Mio. (CHF 95 Mio.) für nukleare Forschung und Entwicklung aus und zieht künftig auch höhere Ausgaben für diesen Bereich in Betracht.
Vision: bis 2050 die Hälfte des Stroms aus Kernenergie
Ziel der Regierung ist es, Grossbritannien zu einem Schlüsselpartner bei der Entwicklung neuer Reaktorauslegungen für den globalen Markt zu machen. So werde auch der Einstieg in die Forschung und Entwicklung kleiner modularer Reaktoren überprüft, so die Regierung im Strategiepapier. Aufgeführt werden zudem zahlreiche nötige Massnahmen, um einheimische und ausländische Investoren für Kernenergieprojekte zu gewinnen, sowie aufgezeigt, welche Qualifikationen künftig noch benötigt werden. Die britische Regierung ist überzeugt, dass die Kernenergie im Jahr 2050 geschätzte 40–50% zum Strommix des Landes beitragen könnte –verglichen mit knapp 20% zum jetzigen Zeitpunkt.
Regierungsziele in eigener Strategie ausformuliert
Auch die 30-seitige «Long-term Nuclear Energy Strategy» veröffentlichten das DECC und das BIS Ende März 2013 gemeinsam. Darin wird ausformuliert, welche Prioritäten die britische Regierung bei der langfristigen Entwicklung der Kernenergie bis 2050 und darüber hinaus setzt. So soll beispielsweise in den nächsten zwei Jahrzehnten ein erfolgreiches Programm mit Reaktoren der dritten Generation aufgebaut werden sowie die Option zur Sicherung eines Grossbeitrages der Kernenergie im langfristigen Strommix aufrechterhalten werden. Auch eine nukleare Versorgungskette, die sich erfolgreich im in- und ausländischen Markt behauptet, soll aufgebaut und erhalten werden. Die Stilllegung und die langfristig sichere Handhabung der radioaktiven Abfälle sind ebenfalls Teil der nuklearen Energiestrategie. Jedenfalls will die Regierung eine proaktive und ausschlaggebende Rolle im Nuklearsektor übernehmen.
Reaktionen positiv
Die Strategien über die Kernenergiezukunft in Grossbritannien wurden von zahlreichen Vertretern der Nuklearindustrie und der Wissenschaften weitgehend begrüsst. So gratulierte Lord Hutton, Vorsitzender der Nuclear Industry Association (NIA), der Regierung zu ihrem starken Bekenntnis für die Kernenergie, die eine entscheidende Rolle bei der künftigen Versorgung Grossbritanniens mit verlässlichem, grossmassstäblich produziertem, klimafreundlichem Strom erhalte.
Quelle
D.S. nach DECC und BIS, «Nuclear Industry Strategy: The UK’s Nuclear Future» sowie «Long-term Nuclear Energy Strategy», sowie NIA, Medienmitteilung, 26. März 2013
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