Grossbritannien: Reaktordruckgefäss für SMR in weniger als einem Tag geschweisst

Dem britischen Stahlunternehmen Sheffield Forgemasters ist es erstmals gelungen, ein Demonstrationsmodell eines Reaktordruckbehälters eines kleinen, modularen Reaktors (SMR) in unter 24 Stunden zu schweissen. Zum Elektronenstrahlschweissen wurde ein weiterentwickeltes Verfahren eingesetzt, das Local Electron-Beam Welding (LEBW), mit dem die SMR-Herstellung markant beschleunigt werden könnte, da die klassische Herstellung ein Jahr benötigt.

29. Feb. 2024
Demonstrationsmodell eines Reaktordruckbehälters
Sheffield Forgemasters hat zu Demonstrationszwecken in Rekordzeit einen Reaktordruckbehälter gefertigt, bei dem ein neuartiges Schweissverfahren zum Einsatz kam.
Quelle: Sheffield Forgemasters

Sheffield Forgemasters fertigte einen Demonstrator eines SMR-Reaktordruckbehälters mit vier Schweissnähte in bester Qualität an, wie sie im Nuklearbereich gefordert wird. Dazu wurden vier Mantelringe und das Kopfstück mit LEBW verbunden. Der Testlauf dauerte weniger als 24 Stunden. «Mit einem Durchmesser von drei Metern und einer Wandstärke von 200 mm zeigt der Bau des Behälters die Zuverlässigkeit und die Fähigkeiten des LEBW-Verfahrens und setzt einen neuen Standard für das Schweissen von dickwandigen Komponenten», schrieb das Unternehmen. Der Testlauf sei ein hundertprozentiger Erfolg gewesen, da keine Defekte aufgetreten und alle Schweissverbindungen sauber und vollständig seien. Mit LEBW hergestellte Schweissnähte könnten nicht nur schneller und kostengünstiger hergestellt werden, sondern wiesen auch sehr günstige mechanische Eigenschaften auf. Mit traditionelleren Methoden wie dem Wolfram-Inertgas-Schweissen, hätte das Zusammensetzen der einzelnen Bestandteile des Druckbehälters gemäss Sheffield Forgemasters rund ein Jahr benötigt und wäre mit viel höheren Kosten verbunden gewesen.

Das «übliche» Electron Beam Welding (EBW) wird in der Industrie bereits an kleineren Werkstücken angewendet. Die Arbeiten mit dem Schaffen wissenschaftlicher Grundlagen zur Weiterentwicklung des Verfahrens begannen 2015 mit Unterstützung von Innovate UK (der britischen Innovationsagentur). Wesentlich für den Erfolg war das Ende 2019 angekündigte Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur Industrialisierung von EBW für dickwandige Materialien. Sheffield Forgemasters leitet das Projekt, an dem mehrere Konsortiumspartner beteiligt sind, wie Cambridge Vacuum Engineering (CVE), The Welding Institute (TWI), Arc Energy, Nuclear AMRC, die University of Manchester und die Cambridge University. Das Projekt hat einen Umfang von GBP 10,5 Mio. (CHF 11,7 Mio.), wovon GBP 8 Mio. (CHF 8,9 Mio.) von der britischen Regierung beigesteuert wurden.

So funktioniert das optimierte Schweissen
Es gibt zwei YouTube-Videos von Cambridge Vacuum Engineering, welche das LEBW-Verfahren erklären: Video 1, Video 2. Eine wesentliche Verbesserung des Verfahrens gegenüber dem üblichen EBW ist, dass das Schweissen nun nicht mehr in einer grossen Vakuumkammer stattfindet, sondern dass ein lokales Vakuum direkt am Werkstück erzeugt wird. «Beim [optimierten] EBW-Verfahren werden ein lokales Vakuum und eine Hochleistungselektronenkanone verwendet, die mit einem Elektronenstrahl in das Gefässmaterial eindringt, um die beiden Komponenten in einem Durchgang aufzuschmelzen und zu verschmelzen, anstatt mehrere Lagen Schweissdraht aufzutragen, erklärte Sheffield Forgemasters. «Ein Schweissen [mit traditionellen Methoden wie Wolfram-Inertgas-Schweissen] würde normalerweise Monate dauern und zahlreiche Stufen der zerstörungsfreien Prüfung sowie der Wärmebehandlung umfassen.»

Bei LEBW ist gemäss Sheffield Forgemasters keine herkömmliche Schweissvorbereitung notwendig, wird weniger Material erhitzt und resultiert eine engere Schweissnaht. Zudem könne die Notwendigkeit von Schweissnahtprüfungen verringert werden, da die Schweissnaht das Grundmaterial nachbilde. Man plane zudem das Schweissen in den üblichen Herstellungsprozess vor der Wärmebehandlung zu integrieren. «Das Verfahren […] könnte die Einführung von SMR-Reaktoren in Grossbritannien und darüber hinaus dramatisch beschleunigen, so bahnbrechend ist der Durchbruch.» Das Unternehmen habe jetzt einen «jahrelangen Entwicklungsvorsprung vor der weltweiten Konkurrenz beim Schweissen dickwandiger Werkstücke».

Quelle

B.G. nach Sheffield Forgemasters, Medienmitteilungen, 2. Dezember 2019, 31. März 2022 und 20. Februar 2024

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