Geologische Tiefenlager: Standortwahl konkretisiert sich
Das mehrstufige Verfahren zur Festlegung der konkreten Standorte der geologischen Tiefenlager für radioaktive Abfälle kann beginnen: Am 2. April 2008 hat der Bundesrat den Konzeptteil des Sachplans geologische Tiefenlager verabschiedet. Er enthält die Regeln für die Standortsuche. Erster Schritt sind die Vorschläge für geologisch geeignete Standortgebiete, die von der Nationalen Genossenschaft für die Entsorgung radioaktiver Abfälle (Nagra) in einigen Monaten vorgelegt werden.
Bei der Präsentation vor den Medien in Bern erinnerte Bundesrat Moritz Leuenberger, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) an die Ausgangslage: Die Schweiz sei verpflichtet, ihre nuklearen Abfälle aus dem Betrieb der Kernkraftwerke wie auch die Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung auf dem eigenen Territorium zu entsorgen. «Auch die Gegner der Kernenergie stehen in der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen», betonte er.
Der Sachplan geologische Tiefenlager ist in den letzten zwei Jahren unter Einbezug von Bundesbehörden, Kantonen, Nachbarstaaten, Organisationen, Parteien und Fokusgruppen aus der Bevölkerung erarbeitet worden. Ziel ist gemäss Uvek, im Jahr 2030 ein Lager für die schwach- und mittelaktiven Abfälle (SMA) und 2040 ein Lager für die hochaktiven Abfälle (HAA) in Betrieb zu nehmen.
Verfahren unter Führung des Bundes
Zentrale Punkte des jetzt verabschiedeten Sachplans sind:
- Der Bund übernimmt bei der Festlegung der Standorte die Führungsrolle. Damit das Verfahren laut Uvek «zügig und termingerecht» umgesetzt werden kann, hat der Bundesrat dem Bundesamt für Energie vier zusätzliche Vollstellen bewilligt.[/li
- Oberste Priorität bei der Wahl der Standorte hat die langfristige Sicherheit von Mensch und Umwelt. Die Auswirkungen an der Oberfläche - die sozioökonomischen und raumplanerischen Aspekte - werden ebenfalls berücksichtigt.
- Die gewählten Standorte müssen so beschaffen sein, dass eine spätere Kapazitätserweiterung der Tiefenlager möglich ist, falls in der Schweiz neue Kernkraftwerke gebaut werden.
- Die Kosten werden von den Verursachern getragen
.
Standortsuche in drei Etappen
Die Standortsuche wird nach Schätzung des Uvek rund zehn Jahre dauern (siehe Tabelle).
In der ersten Etappe werden aufgrund der Geologie die geeigneten Standortgebiete festgelegt. Diese Standortgebiete werden auf der Basis des bestehenden erdwissenschaftlichen Kenntnisstands von der Nagra in den nächsten Monaten vorgeschlagen.
In der zweiten Etappe haben die Standortregionen die Möglichkeit, bei der Konkretisierung der Lagerprojekte sowie den Untersuchungen der sozioökonomischen und raumplanerischen Auswirkungen mitzuarbeiten. Zudem werden die Standorte sicherheitstechnisch verglichen. Am Ende dieser Etappe schlägt die Nagra pro Abfallkategorie mindestens zwei konkrete Standorte vor.
In der dritten Etappe werden diese Standorte vertieft untersucht. Um einen gleichwertigen sicherheitstechnischen Kenntnisstand zu erhalten, sind gemäss Uvek erdwissenschaftliche Untersuchungen - inklusive Sondierbohrungen - nötig. Vor dem Einreichen von Rahmenbewilligungsgesuchen müssen zudem die Grundlagen für Kompensationsmassnahmen und für die Beobachtung der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen erarbeitet sowie die Frage der Abgeltungen geregelt werden.
Allfällige Volksabstimmung
Am Ende des Verfahrens wird der Bundesrat die definitive Standortwahl treffen: entweder für je einen Standort für SMA und für HAA, oder für einen gemeinsamen Standort für alle Abfallkategorien. Nach der Erteilung der Rahmenbewilligung durch den Bundesrat folgt die Genehmigung durch das Parlament und eine allfällige Volksabstimmung, falls das fakultative Referendum gegen die Rahmenbewilligung ergriffen wird.
Entsorgungsprogramm bis Ende Sommer
Das Kernenergiegesetz (KEG) verpflichtet die Entsorgungspflichtigen, ein Entsorgungsprogramm zu erstellen. Dieses muss Angaben zu Herkunft, Art und Menge der radioaktiven Abfälle, den benötigten Anlagen, den Realisierungs- und Finanzplan sowie ein Informationskonzept enthalten. Der Bundesrat hat jetzt beschlossen, dass das Entsorgungsprogramm zeitgleich mit den Vorschlägen für die geologisch geeigneten Standortgebiete eingereicht werden muss.
Quelle
M.S. nach Pressekonferenz des Bundesrats, sowie Uvek und Nagra, Pressemitteilungen, 2. April 2008
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