Fukushima-Daiichi: Mit Myonen-Tomografie ins Innere der Reaktoren sehen

Das amerikanische Los Alamos National Laboratory (LANL) will mit Hilfe kosmischer Strahlung Informationen zum Zustand der Reaktorkerne von Fukushima-Daiichi gewinnen. Das LANL hat dazu am 18. Juni 2014 eine Partnerschaft mit der japanischen Toshiba Corporation angekündigt.

17. Juli 2014
Das LANL hat zur Verbesserung der Myonen-Tomographie Computersimulationen durchgeführt. Das Bild zeigt den schematischen Messaufbau.
Das LANL hat zur Verbesserung der Myonen-Tomographie Computersimulationen durchgeführt. Das Bild zeigt den schematischen Messaufbau.
Quelle: LANL

Im Rahmen der Partnerschaft zwischen dem LANL und der Toshiba soll die sogenannte Myonen-Tomografie eingesetzt werden, eine Technologie, die das LANL entscheidend weiterentwickelt hat. Die bildgebende Technik erlaubt es Kernkraftwerksbetreibern, berührungslos Informationen zum Ort und Zustand des Brennstoffs im Reaktorkern zu erhalten, so das LANL. Die Technologie soll im Speziellen helfen, den Rückbau der zerstörten Blöcke von Fukushima-Daiichi sicherer und schneller durchführen zu können. «Unsere jüngsten Arbeiten haben gezeigt, dass mit Hilfe der Myonen-Streuung durch Einbauten hindurch hoch aufgelöste Bilder von Kernmaterial gemacht werden können», erklärte Duncan McBranch, CTO des LANL. «Eine der schwierigen und zeitintensiven Arbeiten nach einem Reaktorunfall ist die Untersuchung des Reaktorkerns, speziell wenn der Kernbrennstoff geschmolzen ist.» Invasive Techniken wie die Video-Endoskopie oder der Einsatz von Robotern würden die Gefahr erhöhen, zusätzliche Radioaktivität freizusetzen, so McBranch. Die Methoden würden zudem nur ein lokal begrenztes Bild wiedergeben.

Durchblick mit Myonen

Die Myonen-Tomografie, auch Cosmic Ray Radiography genannt, beruht auf den gleichnamigen Elementarteilchen, die pausenlos in der oberen Erdatmosphäre durch kosmische Strahlung natürlich erzeugt werden und als Bestandteile der Höhenstrahlung in jedem Augenblick auf uns herabprasseln. Die Wissenschafter des LANL machen sich bei ihrer Messmethode den Effekt zunutze, dass Myonen beim Durchqueren von Materie gestreut werden. Da Myonen von schweren Elementen stärker gestreut werden, funktioniert die Methode besonders gut mit Elementen wie zum Beispiel Uran. Die nötigen Daten liefern zwei Myonen-Detektoren, zwischen denen sich das zu untersuchende Objekt befindet.

Technologie verbessert

Die Technologie wurde bereits zum «Durchleuchten» der Pyramiden von Giseh eingesetzt. Das LANL hat die Methode nach eigenen Angaben seither deutlich verbessert. Die Arbeiten dazu nahmen die Wissenschafter bereits wenige Wochen nach dem verheerenden Erdbeben vom März 2011 auf. Rund anderthalb Jahre später veröffentlichten Wissenschafter des LANL die Publikation «Cosmic Ray Radiography of the Damaged Cores of the Fukushima Reactors». Sie beschreiben darin, dass ihre verfeinerte Methode im Gegensatz zur traditionellen Myonen-Tomographie besser geeignet ist, berührungslos Kernmaterial auszumachen.

Das LANL wird im Rahmen der angekündigten Partnerschaft mit der Toshiba die weitere Entwicklung geeigneter Myonen-Detektoren unterstützen.

Die verbesserte Myonen-Tomografie-Technologie könnte weltweit ebenfalls im Kampf gegen den unerlaubten Handel mit Kernmaterial eingesetzt werden. Das LANL hat nach eigenen Angaben bereits Schritte zur Kommerzialisierung seiner Messmethode eingeleitet.

Quelle

M.B. nach LANL, Medienmitteilung, 18. Juni 2014, und Borozdin K., et al.: Cosmic Ray Radiography of the Damaged Cores oft the Fukushima Reactors, Physical Review Letters, 12. September 2012

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