Französischer Finanz- und Wirtschaftsminister: Kernenergie wird weiterhin wichtig bleiben
Die Abgeordneten des französischen Nationalparlamentes haben am 15. April 2004 die Energiepolitik der nächsten Jahrzehnte diskutiert.
Die Debatte wurde durch den neuen Finanz- und Wirtschaftsminister Nicolas Sarkozy eröffnet. Sie konzentrierte sich stark auf den neuen Reaktortyp EPR sowie auf den zukünftigen Status der Electricité de France (EDF) und der Gaz de France (GDF). Sarkozy kündigte die Lancierung des EPRs an. Bis Ende Mai 2004 will das Parlament die Hauptstossrichtung für ein neues Energiegesetz festlegen. Die Haltung der französischen Regierung orientiert sich an den nationalen Energiedebatten, die im Jahr 2003 durch die Energieministerin Nicole Fontaine organisiert wurden. Die Abgeordneten begrüssten dieses Vorgehen. In dieser Art war es das erste Mal, dass die Zukunft der Energieversorgung und des Energiemixes im Parlament debattiert wurden. Das Land sieht verschiedenen Herausforderungen entgegen: Der Klimaerwärmung, der Versorgungssicherheit und der Alterung der bestehenden Kernkraftwerke.
Am 15. April war denn auch dieser letzte Punkt das Hauptthema. Das von Premierminister Jean-Pierre Raffarin am 5. April präsentierte allgemeine Regierungsprogramm hat nach Monaten der Unklarheit die Beantwortung dieser Frage beschleunigt: Er hat sich für die Wahl des EPR ausgesprochen. Für Sarkozy ist die Lancierung dieses Kernreaktors der dritten Generation offensichtlich. In seinen Augen bietet die Kernenergieoption drei Vorteile: Die energetische Unabhängigkeit Frankreichs (50% im Vergleich zu 25% vor dem Start des Nuklearprogrammes in den 70er-Jahren), Elektrizitätskosten, die billiger als das europäische Mittel und CO2-Emissionen, die geringer als das europäische Mittel sind.
Frankreich müsse sich heute Gedanken über die Erneuerungen seiner Kernkraftwerke machen, so Sarkozy. Im Jahr 2011 sei die Hälfte aller KKW mehr als 30-jährig. Mit dem Einsatz von Reaktoren der vierten Generation sei erst gegen 2035 zu rechnen. Ein Entscheid, das EPR-Programm zu lancieren, so wie es EDF und Areva verlangen, scheine dringlich zu sein, denn es werde viel Zeit für die nötigen Bewilligungsverfahren und Bautätigkeiten benötigt. Vor 2012 könne eine EPR-Demonstrationsanlage nicht in Betrieb genommen werden. Im Jahr 2002 hatte die Kernenergie einen Anteil von 77,7% an der französischen Stromproduktion, verglichen mit 33,2% im europäischen Mittel. Das Projekt der Lancierung der EPR-Baureihe wird von den Gewerkschaften mit Ausnahme der CFDT unterstützt, allerdings im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Zukunft der EDF und der GDF. Auch die Kommunisten haben sich zur grossen Befriedigung der Parlaments-Mehrheit für den Bau des Reaktors ausgesprochen. Dies im "Namen der Kontinuität der Produktion und der politischen Verantwortung", wie sich der Abgeordnete von Seine-Maritime, Daniel Paul, ausdrückte. Die Sozialisten, die sich bis jetzt gegen den EPR gestellt haben, präsentierten sich in dieser Frage nun gespalten. Über die andern Energieträger wurde am 15. April viel weniger diskutiert, obwohl sie für Frankreich auch von Bedeutung sind.
Quelle
H.K. nach Déclaration du Gouvernement relative à l'énergie et débat sur cette déclaration 2[sup]e[/sup] séance du jeudi 15. avril 2004, http://www.assemblee-nationale.fr/12/dossiers/energie.asp