Frankreich: Verschärfte periodische Sicherheitsprüfungen
Mit Brief vom 9. Oktober 2003 hat die Direction générale de la sûreté nucléaire et de la radioprotection (DGSNR) die dritte Serie der alle zehn Jahre durchgeführten periodischen Sicherheitsüberprüfungen (visite décennales 3, VD3) für die 34 französischen 900-MW-Druckwasserreaktoren lanciert.
Wie schon bei der im letzten Jahr abgeschlossenen zweiten Serie geht es bei den VD3-Prüfungen darum, den Sicherheitsstand im Vergleich zu aktuellen Anlagen (einschliesslich des Reaktorprojektes European Pressurized Reactor, EPR) festzuhalten. Die Resultate dieser Prüfungen werden entscheiden, ob die von der Betreiberin der Anlagen, der Electricité de France (EDF), anvisierten 40 Jahre Betriebsdauer für die 900-MW-Anlagen erreicht werden können.
Die DGSNR wird in der VD3 die Prüfaspekte verschärfen, insbesondere sind nun folgende Auflagen durch die Betreiberin zu berücksichtigen:
- Untersuchung des Verhaltens des Containments und des Umgangs mit den Folgen schwerer Unfälle. Die Grundlagen dazu seien noch in Bearbeitung. Die Behörde legt aber jetzt schon Wert auf eine gründliche Planung solcher Untersuchungen, damit allfällig notwendige Modifikationen während der VD3 vorgenommen werden können.
- Durchführung von probabilistischen Sicherheitsstudien (PSA) auf Stufe 1 (Kernschmelzrisiko) und neu auch Stufe 2 (Risiko radioaktiver Freisetzung
- ).
- Die Behörde "wünscht", dass eine Erdbeben-PSA durchgeführt wird. Wegen der grossen Komplexität ist das nicht im eigentlichen VD3-Rahmen vorgesehen.
- Die von der EDF vorgeschlagene Kosten/ Nutzen-Betrachtung wird von der Behörde grundsätzlich akzeptiert, jedoch in ihrer Anwendung relativiert.
- Die EDF soll sich mit dem Thema der denkbaren Verstopfung der Reaktorgebäude-Sumpfansaugfilter beschäftigen (dies fordert die Behörde für den ganzen EDF-Reaktorpark). Diese Forderung basiert auf neuen behördlichen Erkenntnissen. Demnach soll eine Filterverstopfung, wie sie 1992 in Barsebäck aufgetreten ist, auch die französischen Anlagen betreffen können. Die EDF habe sich aber bis anhin mit diesem Umstand zu wenig auseinandergesetzt.
- Das Leck-vor-Bruch-Konzept ist gemäss Behörde gegenwärtig zu wenig etabliert, um in den Prüfungen angewendet zu werden.
Die Behörde fordert, dass die Anlagenmodifikationsvorschläge anfangs 2005 definiert werden, so dass sie ab 2008 im Rahmen der VD3 umgesetzt werden können.
Laut DGSNR stützen sich die neu erlassenen Forderungen nicht nur auf nationale, sondern auch auf internationale Erfahrung sowie auf die Erkenntnisse der Sicherheitsstudien im Rahmen der Entwicklung des EPR ab.
Quelle
H.K. nach DGSNR, 20. Oktober 2003