Frankreich: Baugenehmigung für geologisches Tiefenlager beantragt
Die französische Entsorgungsorganisation Andra hat am 16. Januar 2023 den Baugenehmigungsantrag für ihr geologisches Tiefenlager Cigéo eingereicht. Diese Anlage kann frühestens 2027 gebaut werden und dient der Entsorgung langlebiger hochaktiver und mittelaktiver Abfälle. Zum langfristigen Schutz von Mensch und Umwelt werden die Abfälle dort 500 Meter tief unter dem Erdboden im Tongestein eingeschlossen.
Die Agence nationale pour la gestion des déchets radioactifs (Andra) hat am 16. Januar 2023 beim französischen Ministerium für Energiewende den Baugenehmigungsantrag (Demande d’autorisation de Création, DAC) für das geologische Tiefenlager eingereicht. Es trägt den Namen Centre Industriel de Stockage Géologique (Cigéo) und soll an der Grenze der Départemente Meuse und Haute-Marne gebaut werden. Das Cigéo liegt rund 125 km Luftlinie von der deutschen Grenze entfernt auf der Höhe von Strassburg.
Gemäss Andra werden in den untertägigen Anlagen des Tiefenlagers rund 83'000 Kubikmeter langlebige hochaktive und mittelaktive Abfälle in einer Tiefe von 500 Metern langfristig entsorgt. Dies durch Einschluss in eine 150 Meter dicke Tongesteinsschicht (Callovo-Oxfordien), die seit mehreren Millionen Jahren stabil geblieben sei. Nach dem Verschluss des Lagers biete die Geologie während der Einschlussdauer der Abfälle von mehreren Hunderttausend Jahren langfristigen und passiven Schutz: Kommende Generationen müssten weder eingreifen noch Unterhalt leisten noch überwachen.
Baugenehmigungsantrag ist wichtiger Meilenstein
Pierre-Marie Abadie, der Generaldirektor der Andra liess verlauten, dass die Einreichung des Baugenehmigungsantrags und die Prüfung des dazugehörenden Dossiers durch die französische Autorité de sûreté nucléaire (ASN) ein Meilenstein für die Andra sei. Das Cigéo-Projekt sei in mehr als 30 Jahren Forschung und Entwicklung in wissenschaftlicher und technischer Hinsicht stetig verfeinert sowie regelmässig durch die Behörden überprüft worden – bereits 2018 habe ASN den «guten technischen Reifegrad» hervorgehoben.
Gemäss Andra wurde die Geologie des Standorts während über 25 Jahren gründlich untersucht, insbesondere seit 2000 mithilfe des untertägigen Felslabors Bure. Das nationale Projekt sei zudem in einen Gesetzesrahmen eingepasst und man habe es während zwei öffentlichen Debatten erörtert. Zudem gebe es einen kontinuierlichen Dialog mit regionalen und nationalen Anspruchsgruppen.
«Mit der Einreichung der DAC zeigen wir unsere Verantwortung gegenüber den heutigen und zukünftigen Generationen, indem wir ihnen eine Entsorgungsoption für die bereits produzierten Abfälle anbieten und gleichzeitig Optionen für morgen offenlassen, die mit der jahrhundertelangen Entwicklungsdauer des Projekts in Verbindung stehen», so Abadie, der damit auch die Rückholbarkeit der Abfälle ansprach.
Überprüfung der Antragsunterlagen
Das mit dem Baugenehmigungsantrag eingereichte Dossier hat einen Umfang von mehr als 10'000 Seiten und besteht aus 23 Berichten. Zu den wichtigsten gehören ein vorläufiger Sicherheitsbericht, eine Risikomanagement-Studie, ein aktualisierter Umweltbericht sowie ein Masterplan zur Umsetzung des Gesamtvorhabens.
«Nun beginnt eine neue wichtige Phase des Projekts mit der Bewertung und Prüfung des Sicherheitsnachweises des Lagers mit dem Ziel, den Bau zu genehmigen», schrieb Abadie. Gemäss Andra dauert die gesamte Prüfung des Antrags auf Erteilung der Baugenehmigung drei bis fünf Jahre.
Gleitet werde die Überprüfung von ASN, die technische Unterstützung des Institut de radioprotection et de sûreté nucléaire (IRSN) erhalte. Die technische Prüfung – an der auch die ständigen Expertengruppen beteiligt seien – werde allein etwa 30 Monate dauern. Dann gebe ASN ihre Stellungnahme ab. In der nächsten Phase würden die Stellungnahmen der betroffenen nationalen und regionalen Behörden eingeholt und sei für 2026 ein öffentliches Anhörungsverfahren vorgesehen.
Am Ende dieses Prozesses und auf Anraten von ASN könnte die Regierung bis zum Jahr 2027 eine Genehmigung erteilen, damit mit dem Bau des Tiefenlagers begonnen werden könne.
Zeitplan für Bau, Betrieb und Verschluss des Cigéo
Nach Erhalt der Baubewilligung wird die Andra zuerst die Oberflächenanlagen sowie die Zugänge in die Tiefe (Schächte und Doppelrampe) erstellen. Dann werden im Untergrund schrittweise die Lagerbereiche zur Aufnahme der Abfälle vorbereitet. Vorgesehen ist eine vorgeschaltete Pilotphase, um erste Tests mit inaktiven Abfällen durchzuführen. Der Zeitplan der Andra sieht für 2035 bis 2040 den Erhalt einer ersten Betriebsgenehmigung vor, damit die Pilotphase mit einer beschränkten Anzahl an radioaktiven Abfällen vorgesetzt werden kann. Nach einer weiteren Bewilligung der ASN kann der reguläre Einlagerungsbetrieb dann zwischen 2040 und 2050 aufgenommen werden. Das Tiefenlager soll ab 2150 verschlossen werden.
Tiefenlager sind eine anerkannte Entsorgungslösung
Neben Frankreich setzen auch andere Länder wie China, Finnland, Schweden und die Schweiz auf die geologische Tiefenlagerung. Das Projekt in Finnland ist weit fortgeschritten: Derzeit wird das Betriebsbewilligungsgesuch geprüft und kann der Lagerbetrieb voraussichtlich 2025 aufgenommen werden.
Quelle
B.G. nach Andra, Website zur DAC, Medienmitteilung und Pressedossier, 17. Januar 2023
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