Fermilab findet Hinweise auf bisher unbekannte Teilchen

Neue Messungen am amerikanischen Forschungslabor Fermilab bei Chicago weisen auf die Existenz bisher unbekannter Teilchen oder gar einer neuen Naturkraft hin. Denn die gemessenen Werte weichen von den im physikalischen Standardmodell vorhergesagten ab.

23. Apr. 2021
Der Ringmagnet am Fermilab, der für das Myon-g-2-Experiment verwendet wurde.
Der Ringmagnet am Fermilab, der für das Myon-g-2-Experiment verwendet wurde.
Quelle: Reidar Hahn, Fermilab

Im Mittelpunkt des Experiments am Fermilab standen Myonen. Wie Elektronen besitzen auch sie ein magnetisches Moment. Dieses wird durch das sogenannte gyromagnetische Verhältnis «g» ausgedrückt wird. In erster Näherung beträgt dieser Wert für das Myon 2.

«Bei einer präzisen experimentellen Messung von g stellte man aber schon vor 70 Jahren fest, dass sein genauer Wert leicht – im Promillebereich – von 2 abweicht», erklärte Gilberto Colangelo, Direktor des Albert Einstein Center und Professor für Theoretische Physik an der Universität Bern. Die Abweichung von g von 2, also «g-2», ist das sogenannte anomale magnetische Dipolmoment. Dieses wurde in den letzten Jahrzenten mit steigender Genauigkeit gemessen.

Theoretische Berechnung mit Berner Beteiligung
Colangelo lieferte vergangenes Jahr mit Kolleginnen und Kollegen die bisher präzisesten theoretischen Berechnung des anomalen magnetischen Dipolmoments des Myons auf Grundlage des Standardmodells. Letztes Jahr wurden die Ergebnisse im Fachjournal «Physics Reports» veröffentlicht. Der Vergleich der beiden Werte – des theoretisch berechneten und des experimentell gemessenen – zeigt, ob eine Physik jenseits des Standardmodells existieren könnte.

Die jüngste Messung am Fermilab hat eine ähnliche Genauigkeit wie die letzte Messung, die vor zwanzig Jahren ebenfalls in den USA am Brookhaven National Laboratory durchgeführt wurde. Das anomale magnetische Moment von Myonen scheint tatsächlich grösser zu sein als theoretisch erlaubt. Die kombinierten experimentellen Ergebnisse von Fermilab und Brookhaven zeigen eine Abweichung zu den aktuellen theoretischen Berechnungen von 4,2 Standardabweichungen. Bei drei Standardabweichungen sprechen Physikerinnen und Physiker in der Regel von «Hinweisen», bei fünf Standardabweichungen kann von einer «Entdeckung» gesprochen werden. Das neue Resultat ist das erste aus einer geplanten Reihe von Messungen des Fermilab-Experiments. Parallel dazu wird weiter daran gearbeitet, die Präzision der theoretischen Berechnung zu verbessern.

«Wenn durch Verbesserung der Messungen und der theoretischen Berechnungen die Abweichung bestätigt und potenziell sogar grösser wird, kann das jetzige deutliche Zeichen einer ‹Physik jenseits des Standardmodells› hoffentlich als Entdeckung deklariert werden», sagte Colangelo.

Erst kürzlich hatten Forschende am Cern ebenfalls Hinweise auf eine noch unbekannte Naturkraft gefunden. Sie beobachteten ein unerwartetes Verhalten beim Myonenzerfall.

Quelle

M.A. nach Fermilab und Universität Bern, Medienmitteilungen, 7. April 2021

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