Europäische Kommission: belgische Bürgschaft für nukleare Risiken keine staatliche Beihilfe
Die Bürgschaft des belgischen Staates für Betreiber von Kernanlagen, die auf dem privaten Versicherungsmarkt keine ausreichende Haftpflichtversicherung abschliessen können, sind nicht als staatliche Beihilfe anzusehen. Dies folgert die Europäische Kommission. Potenzielle Opfer könnten laut Kommission durch die Bürgschaft besser entschädigt werden und den Betreibern würde kein Vorteil eingeräumt.
Belgien nahm im Dezember 2016 ein Gesetz an, mit dem die Entschädigung möglicher Opfer eines nuklearen Ereignisses verbessert werden soll. Mit dem Gesetz soll gewährleistet werden, dass Belgien seinen Verpflichtungen aus dem überarbeiteten Pariser Übereinkommen über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie nachkommt. Nach belgischem Recht muss der haftpflichtige Betreiber eines Kernkraftwerks Opfern eines nuklearen Ereignisses bis zu 30 Jahre lang Schadensersatz in Höhe von bis zu EUR 1,2 Mrd. (CHF 1,3 Mrd.) leisten. Dieser Schadensersatz umfasst sowohl Personen- und Sachschäden als auch Umweltschäden, wirtschaftliche Verluste und die Kosten für Vorsorgemaßnahmen des belgischen Staates im Anschluss an ein solches Ereignis.
Betreiber von Kernanlagen sichern ihre Haftpflicht gegenüber Opfern meistens mit einer privaten Versicherung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bestimmte nukleare Schäden, die in den Geltungsbereich des geänderten Pariser Übereinkommens fallen, von Versicherungen für den Kernenergiebereich nicht abgedeckt werden. Belgien schlug daher vor, eine staatliche Bürgschaftsregelung einzuführen, um von privaten Versicherungen nicht erfasste Schäden zu versichern. Damit Betreiber von Kernkraftwerken diese Bürgschaft in Anspruch nehmen können, müssen sie eine jährliche Prämie entrichten. Würde ein nukleares Ereignis eintreten und auf die Bürgschaftsregelung zurückgegriffen, wäre der Betreiber jedoch weiterhin für nukleare Schäden haftbar. Der Staat könnte die im Rahmen der Bürgschaft gezahlten Beträge von dem Betreiber zurückfordern.
Bürgschaftsregelung: kein wirtschaftlicher Vorteil für Betreiber
Belgien hatte diese Massnahme im März 2017 zur Prüfung nach den EU-Beihilfevorschriften bei der Kommission angemeldet. Die Kommission kam zum Schluss, dass die Prämie, die Betreiber von Kernanlagen für die Inanspruchnahme der staatlichen Bürgschaftsregelung entrichten müssen, so festgesetzt wurde, dass den Betreibern kein wirtschaftlicher Vorteil entsteht. Sie ist ausserdem der Auffassung, dass die Prämie hoch genug ist, um einem Verdrängungseffekt auf dem privaten Versicherungsmarkt vorzubeugen. Es bestehen ausreichende Anreize für private Marktteilnehmer, wettbewerbsfähige Angebote zu entwickeln, aufgrund derer die staatliche Bürgschaft nicht mehr nötig sein wird.
Die Kommission erklärte, dass die Bürgschaft des belgischen Staates zum Ziel hat, Opfer eines nuklearen Ereignisses besser zu entschädigen. Betreibern von Kernanlagen würden dabei keinen wirtschaftlichen Vorteil verschafft. Aus diesem Grund stellt die Kommission fest, dass die Bürgschaft des belgischen Staates keine staatliche Beihilfe im Sinne der EU-Vorschriften beinhaltet.
Pariser Übereinkommen
Belgien hat ebenso wie zwölf weitere Mitgliedstaaten das Pariser Übereinkommen über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie unterzeichnet. Dieses Übereinkommen wurde im Jahr 2004 geändert, um die Schadensersatzbeträge heraufzusetzen und die Arten der Schäden, für die Schadensersatz fällig wird, auszuweiten. Das Änderungsprotokoll aus dem Jahr 2004 ist noch nicht in Kraft getreten. Bisher wurde es lediglich von Norwegen und der Schweiz ratifiziert.
Quelle
M.A. nach Europäischer Kommission, Medienmitteilung, 14. Juli 2017