EU-Grünbuch über Sicherheit der Energieversorgung

Nach Meinung der Dachorganisation der europäischen Atomforen Foratom, in der die SVA die Schweiz vertritt, ist das von der EU-Kommission am 29. November 2000 veröffentlichte Grünbuch über die Energieversorgung Europas ein Schritt in die richtige Richtung, indem es die wichtige Rolle der Kernenergie anerkennt.

29. Nov. 2000

Die Financial Times ging in ihrem Kommentar noch weiter. Sie brandmarkte die Haltung der Regierungen vieler EU-Mitgliedstaaten, der Kernenergie ihre Schlüsselrolle bei der Stromerzeugung abzusprechen. Doch ohne Kernenergie sei es der EU unmöglich, die CO2-Emissionen zu verringern.
Im Grünbuch mit dem Titel ?Towards a European strategy for the security of energy supply? bringt es die EU-Kommission auf den Punkt: Die Verdreifachung des Rohölpreises vom März 1999 bis Oktober 2000 hat einmal mehr strukturelle Schwächen der europäischen Energieversorgung aufgedeckt. Werden keine Massnahmen ergriffen, wird der Anteil der Importe an der Bedarfsdeckung in den nächsten 20-30 Jahren von heute 50% auf 70% ansteigen. Für den Energieimport gibt die EU heute jährlich Euro 240 Mrd. aus. Eine Teuerung könnte daher leicht der wirtschaftlichen Erholung die Grundlage entziehen. Um dieses Risiko zu mindern, sind laut Grünbuch grosse Investitionen nötig. Doch gelte es gut zu überlegen, weil solche Investitionen den gewählten Energiemix für 30 Jahre festschrieben. Bei der Wahl zwischen den verschiedenen sich anbietenden Optionen sollten heute neben der Marktöffnung die Umweltanliegen und besonders die in Kyoto eingegangenen Verpflichtungen eine zentrale Rolle spielen. Bei eingriffsloser Entwicklung würden die CO2-Emissionen besonders des Transport- und Elektrizitätserzeugungssektors ansteigen.
Das Grünbuch nennt sowohl auf der Nachfrage- wie auch auf der Versorgungsseite mögliche Massnahmen. So wäre mit Lenkungsabgaben der Konsum gezielt zu dämpfen. Bei der Versorgung sei Priorität den Energien zu erteilen, die keine Treibhausgase erzeugen. Dazu gehörten die erneuerbaren Energien, die allerdings nur mit finanziellen Beihilfen auf dem Markt bestehen könnten. Nachdem die meisten Mitgliedländer auf die Kernenergie verzichten wollten, müssten die Folgen eines solchen Entscheids für die Bekämpfung des Treibhauseffekts, die Versorgungssicherheit und eine nachhaltige Entwicklung ausdiskutiert werden. Unabhängig vom Ergebnis dieser Diskussion seien die Forschung, Entwicklung und Umsetzung auf dem Gebiet der radioaktiven Abfälle aktiv zu fördern.
Im Zusammenhang mit der Präsentation des Grünbuchs erinnerte die Financial Times daran, dass die Union ihre Energieversorgung das letzte Mal in den 70-er Jahren durchleuchtet habe. Damals schreckte die Ölkrise auf. Heute sei die EU in der gleichen Lage wie Gulliver bei den Zwergen: ein wirtschaftlicher Riese, den seine steigende Abhängigkeit von fremden Energiequellen am Boden festbinde. Die EU-eigene Kohleförderung sei unaufhaltbar im Rückzug. Dies stärke die Bedeutung der Kernenergie für die Stromerzeugung: ?Indem die EU 30% des Stroms in Kernkraftwerken erzeugt, vermeidet sie, jährlich 300 Mio. t Kohlenstoff in die Atmosphäre zu pumpen, was den Abgaben von 75 Mio. Autos entspricht. Doch die meisten EU-Staaten haben sich entschieden, die Kernenergie einzufrieren oder aus ihr auszusteigen. Die Kommission muss aber feststellten, dass die EU keine Chance hat, ihre Treibhausgas-Minderungsziele gemäss Kioto-Protokoll einzuhalten, wenn es hier nicht zu einer Umkehr kommt. Diese ungeliebte Wahrheit ärgert die Kernenergie-Gegnerorganisationen. Sie schlagen vor, erneuerbare Energie wie Windkraft sollten das unangenehme Atom ersetzen.? Die EU-Kommission hege mit ihrem Vorschlag, Lenkungsabgaben zu erheben, ähnliche Absichten. Doch mit Abgaben sei sie beim Ministerrat schon früher auf wenig Gegenliebe gestossen. Und selbst wenn der Anteil der erneuerbaren Energien verdoppelt würde, wäre damit die Lücke aus dem Verzicht auf die Kernenergie nicht zu decken.

Quelle

P.B. nach Medienmitteilung von Foratom, 30. November, und Commission of the European Communities COM(2000)769, 29. November 2000

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