Ensi: Beurteilung zu Vorkommnis im KKL
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) hat ein Vorkommnis bei Sicherheitssystemen im Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) vom April 2018 der Stufe 1 der internationalen Ereignisskala Ines zugeordnet. Die Wärmeabfuhr aus dem Reaktor wäre bei einem Störfall trotzdem jederzeit gewährleistet gewesen.
Im KKL waren in der zweiten Hälfte des Aprils 2018 drei der insgesamt fünf Teilsysteme des Notstand- und des Kernnotkühlsystems nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Das KKL erstellte zuhanden des Ensi einen Bericht, den die Behörde nun beurteilt hat. Das Ensi ordnet das Vorkommnis der Stufe 1 (Anomalie) der siebenstufigen internationalen Störfallbewertungsskala Ines (International Nuclear and Radiological Event Scale) zu.
Nichtverfügbarkeit 1: Falsche Armaturenstellung in einer Division des Notstandsystems SEHR
Am 4. Mai 2018 stellte das KKL bei einem regelmässigen Test fest, dass zwei Kühlwasserarmaturen im Notstandsystem SEHR (Special Emergency and Heat Removal System) geschlossen anstatt gedrosselt waren. Die Armaturen waren seit dem vorhergehenden Test vom 23. Februar 2018 in dieser Position. Bei einer störfallbedingten Anforderung wäre die Kühlung einer der beiden Hauptpumpen des Notstandsystems längerfristig nicht gewährleistet gewesen. Da das Notstandsystem SEHR zwei Teilsysteme – sogenannte Divisionen – umfasst, hätte die zweite Division die Funktion des Notstandsystems bei einem Ausfall der betroffenen Pumpe sichergestellt.
Nichtverfügbarkeit 2: geplante Revision der ersten Division des Kernnotkühlsystems
Vom 3. bis 28. April 2018 hat das KKL parallel zur oben beschriebenen eingeschränkten Verfügbarkeit des Notstandsystems, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war, die erste Division des Kernnotkühlsystems planmässig revidiert. Das Kernnotkühlsystem umfasst insgesamt drei Divisionen.
Nichtverfügbarkeit 3: Notstromdiesel der dritten Division des Kernnotkühlsystems schaltet nicht korrekt zu
Am 2. Mai 2018 schaltete sich der Notstromdiesel der dritten Division des Kernnotkühlsystems bei einem periodischen Funktionstest nur verzögert zu. Grund war ein Leittechnikfehler, der behoben werden musste. Der letzte erfolgreiche Test erfolgte am 26. März 2018. Da gemäss Ensi nicht bekannt ist, seit wann der Fehler bestand, wird der Richtlinie Ensi-A06 folgend eine potenzielle Nichtverfügbarkeit während der Hälfte der Zeit zwischen den beiden Tests angenommen, das heisst vom 14. April bis 3. Mai 2018.
Vom 14. bis 28. April 2018 waren somit drei der insgesamt fünf Divisionen des Notstand- und Kernnotkühlsystems nicht oder nur eingeschränkt betriebsbereit. Die Wärmeabfuhr aus dem Reaktor wäre bei einem Störfall durch die verfügbare zweite Division des Notstandsystems und die verfügbare zweite Division des Kernnotkühlsystems trotz der zeitlich überlappenden Unverfügbarkeiten jederzeit gewährleistet gewesen.
Massnahmen ergriffen
Gemäss Ensi hat das KKL Massnahmen ergriffen, um ungeplante Ausfälle aufgrund falscher Armaturenstellungen im Notstandsystem in Zukunft besser erkennen zu können. Das Ensi fordert seinerseits weitere Untersuchungen, die unter anderem auch eine sogenannte Root-Cause-Analyse beinhalten, um die Ursachen der für lange Zeit nicht entdeckten Armaturenfehlstellung zu finden.
Quelle
M.B. nach Ensi, Medienmitteilung, 12. Dezember 2018