Energiestrategie der ETH Zürich: primär CO2 reduzieren
Die ETH Zürich will dem Klimawandel mit Effizienzsteigerung, erneuerbarer Energie und Elektrifizierung entgegenwirken. Als Fernziel soll bis zum Ende dieses Jahrhunderts die Eintonnen-CO2-Gesellschaft erreicht werden. Hierfür ist unter anderem der Einsatz der Kernenergie erforderlich, hält die ETH in ihrer am 25. Februar 2008 publizierten Energiestrategie fest.
Die neue Energiestrategie der ETH Zürich will den Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit wissenschaftliche Expertisen zur Verfügung stellen, anhand derer strategische Fragen für die zukünftige Energiepolitik geklärt werden können. Zudem sollen wichtige Forschungsbereiche benannt und gegebenenfalls ausgebaut sowie Forschungsprogramme initiiert werden, die den Wissenstransfer und den Dialog mit Industrie und Wirtschaftpartnern stärken, heisst es im vierzigseitigen Strategiepapier. Dieses ist unter der Federführung des Energy Science Center (ESC) der ETH Zürich entstanden.
Vision Eintonnen-CO2-Gesellschaft
Als zentrale Herausforderung will die Strategie die durch den Energieverbrauch verursachten Treibhausgasemissionen schnell und unfassend senken. Der CO2-Anteil in der Atmosphäre sei bei rund 550 ppm zu stabilisieren, damit der Temperaturanstieg auf der Erde auf etwa 2°C beschränkt werden könne. Das entspreche den Schätzungen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und könne - so die Forscher - nur mit drastischen Massnahmen erreicht werden. In der Schweiz werden pro Jahr und Einwohner für die Primärenergie rund 9 t CO2 freigesetzt - die importierte graue Energie nicht mitgerechnet. «Das klima- und energiepolitische Jahrhundertziel muss es sein, dass im Durchschnitt jeder Bürger pro Jahr nicht mehr als 1 t CO2 verursacht», erklärte Ralph Eichler, Präsident der ETH Zürich, anlässlich der Präsentation der Energiestrategie.
Drei Pfeiler: Energieeffizienz, erneuerbare Energien …
Wie soll diese CO2-Reduktion erreicht werden? Vorerst, das heisst für die kommenden Jahrzehnte, wird die Steigerung der Energieeffizienz eine äussert wichtige Rolle spielen, ist sich die ETH sicher. In dieser Übergangsphase kommen verschiedene Primärenergieträger - auch die Kernenergie - gleichermassen zum Zug. Ab der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts wird - nach Meinung der Forscher - die Photovoltaik weltweit eine besondere Rolle übernehmen. Hierfür seien allerdings noch enorme technologische Fortschritte und eine massive Kostenreduktion erforderlich.
… und Elektrifizierung - auch mit Kernenergie
Dritter Pfeiler der Strategie schliesslich ist die Elektrifizierung. So soll der Elektrizitätsanteil beim Primärenergiebedarf auf 70% und beim Endenergiebedarf im jeweiligen Mix auf etwa 50% erhöht werden. Das heisst konkret, dass der Individualverkehr und der Wärmesektor vollständig entkarbonisiert würden. Wichtige Voraussetzung dafür sind der Ausbau der Infrastruktur, eine effiziente und wirtschaftlich tragbare Speicherung der witterungs- und ortsabhängig anfallenden Energie aus erneuerbaren Quellen sowie eine begrenzte Anzahl CO2-freier Kraftwerke für die Grundlastversorgung. Hier wird auch mit der Kernenergie gerechnet, hob Eichler in einem Interview im St. Galler Tagblatt hervor. Er hält einen allfälligen Ausstieg aus der Kernenergie für einen Fehler. «Die Nuklearenergie ist eine von vielen Möglichkeiten und hat wie jede Energieform ihre Vor- und Nachteile. Aber wir brauchen sie auch», so Eichler.
Abschied von der 2000-Watt-Gesellschaft
Die Eintonnen-CO2-Gesellschaft stehe nicht im Widerspruch zur «2000-Watt-Gesellschaft», betonen die Autoren der Energiestrategie. Die 2000-Watt-Gesellschaft entspreche einer qualitativen Metapher, wie der Primärenergiebedarf bei gleichzeitig ausreichenden Energiedienstleistungen gesenkt werden soll, und ist ohne massive Abstriche beim Wohlstandsniveau nicht erreichbar, so die Forscher. Die neue Strategie dagegen sei auf das übergeordnete Ziel der Senkung der Treibhausgasemissionen ausgerichtet. Im Hinblick auf die Eindämmung des Klimawandels sei die Reduktion des CO2-Ausstosses wichtiger als die Reduktion des Primärenergieverbrauchs.
Innovative Forschung an der ETH
Die ETH betreibt intensiv Forschung mit dem Ziel, neue Lösungen und Wege zu finden, um der CO2-Problematik zu begegnen. So erforscht Marco Mazzotti, Professor am Institut für Verfahrenstechnik, beispielsweise die Möglichkeiten, CO2 in fossil befeuerten Kraftwerken abzuscheiden und chemisch stabil in feste Substanzen einzubinden. Diese sogenannte Mineralisierung ermöglicht eine dauerhafte und sichere Lagerung des Treibhausgases.
Die Energiestrategie kann online bei der ETH Zürich bestellt werden.
Quelle
D.S. nach ETH Zürich, Medienmitteilung und Bericht Energiestrategie, 25. Februar 2008