Effizienter Filter für radioaktives Jod entdeckt
Farblose Kristalle von ca. 1 bis 2 mm Länge werden in eine Glasampulle gegeben. Fügt man einige Jodkörnchen hinzu, verfärben sich die Kristalle in zartes Purpur, das mit der Zeit zu Dunkelviolett und schliesslich Schwarz wechselt. Das Phänomen, das diesem unspektakulären Experiment zugrunde liegt, könnte für die nukleare Sicherheit und die Lagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen bedeutsam sein.
Die Verfärbung der Kristalle ist nämlich ein Zeichen dafür, dass sie das leichtflüchtige Jod aus der Luft in sich aufnehmen. Und eines der wichtigsten Abfallprodukte von Kernspaltungsprozessen ist das langlebige radioaktive Jod-129.
Die Gruppe von Prof. Jürg Hulliger am Departement Chemie und Biochemie der Universität Bern untersucht im Rahmen des nationalen Forschungsprogramms NFP 47 "Supramolekulare funktionale Materialien" des Schweizerischen Nationalfonds molekulare Stoffe, die zeolithartig aufgebaut sind. Die Kristalle, die das Jod aufnehmen, sind sogenannte organische Zeolithe - kristalline Materialien, die beachtliche Hohlräume aufweisen und darin verschiedenste Moleküle sorbieren können.
Die Sorptionswirkung für Jod-Moleküle wurde anhand eines Durchflussexperiments unter Verwendung einer Filterkolonne getestet. In die Filterkolonne wurde bei Raumtemperatur Jod-gesättigtes Stickstoffgas eingeleitet. Am Ausgang der Kolonne erfolgte eine Nachweisreaktion. Solange die beachtlich hohe Sorptionskapazität nicht überschritten wurde, konnte am Ausgang der Filtereinheit kein Jod mehr festgestellt werden.
Die Fähigkeit dieses organischen Materials, Jod in sich aufzunehmen, wird durch gleichzeitig vorhandenes Wasser nicht beeinträchtigt. Aufgrund der vorliegenden Resultate nimmt Prof. Hulliger an, dass sein organischer Zeolith speziell geeignet sein könnte, Jod-129 aus der Luft oder aus dem Wasser abzutrennen. Wegen der hohen Stabilität des mit Jod beladenen Materials besteht gemäss Hulliger die Möglichkeit einer Endlagerung.
In organischen Lösungsmitteln sind die Kristalle jedoch löslich. Somit könnten Zeolith und Jod-129 mit einem chemischen Prozess wieder voneinander getrennt und der Zeolith rezykliert werden. Die Berner Forscher haben das neue vielversprechende Verfahren in den USA für eine Patentanmeldung eingereicht.
Quelle
M.S. nach Mitteilung Prof. Hulliger vom 27. November 2001