Deutschland: neue Energieversorgungsstruktur gefordert
Die Ethikkommission «Sichere Energieversorgung», welche die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel berufen hat, strebt einen möglichst raschen Atomausstieg an. Allerdings müsse er sozialverträglich und klimafreundlich sein, erklärte der Vorsitzende der Ethikkommission, Klaus Töpfer, nach einer dreitägigen Klausurtagung.
Es stehe noch nicht fest, ob die Ethikkommission in ihrem Bericht eine konkrete Jahreszahl oder eine Zeitspanne für den Atomausstieg empfehlen werde, so Töpfer. Er unterstrich zugleich, man dürfe nicht nur auf das Datum schauen, sondern müsse auch den Weg dahin kennzeichnen.
Wende hin zu erneuerbaren Energien
In der Ethikkommission, die sich aus Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirchen zusammensetzt, gebe es unterschiedliche Meinungen über eine sichere Energieversorgung ohne Atomkraft. Dies sei von vornherein klar gewesen, «aber alle sind der Meinung, dass es zu einer neuen Energieversorgungsstruktur in Deutschland kommen muss», so Töpfer.
Die Wende hin zu erneuerbaren Energien könne auch starke wirtschaftliche Impulse auslösen. Das betonte der zweite Vorsitzende der Ethikkommission, Matthias Kleiner. Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft warb für einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Bei der Frage einer sicheren Energieversorgung gehe es um die Abwägung zwischen verschiedenen Zielkonflikten, Risiken sowie sozialen und gesellschaftlichen Kosten.
Die Ethikkommission hat den Auftrag, vor dem Hintergrund der Ereignisse in Japan die Risiken der Kernenergie und in diesem Zusammenhang die Sicherheit der Energieversorgung neu zu bewerten. Die Ergebnisse der Kommissionsarbeit sollen Ende Mai 2011 vorliegen. Die deutsche Regierung wird Anfang Juni einen Gesamtentscheid zum weiteren Betrieb der Kernkraftwerke in Deutschland und zur Beschleunigung der Energiewende treffen.
Schneller Atomausstieg erwünscht
Bund und Länder wollen gemeinsam schneller aus der Kernenergie aus- und in erneuerbare Energien umsteigen. Das hatte Merkel nach der Beratung mit den Ministerpräsidenten aller Bundesländer bereits Mitte April betont. Ziel der Bundesregierung sei es, einen breiten gesellschaftlichen Konsens und hohe Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen über die Energiewende zu erreichen. Dazu werde auch die Ethikkommission einen entscheidenden Beitrag leisten.
Rechtlich eindeutige Lösung erarbeiten
Einigkeit bestehe darin, so Merkel, dass am Ende eine rechtlich eindeutige Festlegung stehen müsse, die auch im Atomgesetz festgeschrieben werde. Die Energieversorgerin RWE Power AG hatte am 1. April 2011 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel Klage gegen die vorläufige Abschaltung des Kernkraftwerks Biblis A eingereicht, da es keine Rechtsgrundlage dafür gäbe. Die Kanzlerin kündigte an, dass am 3. Juni ein weiteres Treffen mit den Ministerpräsidenten stattfinden soll. Der weitere Fahrplan sieht Merkel zufolge vor, dass sich das Bundeskabinett am 6. Juni mit dem Gesetzespaket befasst. Anschliessend werden Bundestag und Bundesrat beraten.
Merkel betonte in einem Video-Podcast vom 16. April 2011, die drei Pfeiler der Energieversorgung – Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltfreundlichkeit – seien weiter einzuhalten. «Trotzdem ist die Sicherheit der Kernkraftwerke natürlich das oberste Gebot, und da gibt es auch keine Kompromisse. Das heisst, wir müssen uns darauf einstellen, dass wir schneller aussteigen und trotzdem eine vergleichbare Energieversorgung schaffen.» Merkel will zudem ein Gesamtkonzept vorlegen, das auch dafür sorgt, dass die Energie für Bürgerinnen und Bürger bezahlbar bleibe.
Quelle
M.A. nach Deutscher Bundesregierung, Medienmitteilungen, 15. und 21. April, sowie Video-Podcast, 16. April 2011