Deutschland: Kernbrennstoffsteuer verfassungswidrig?
In einem bundesweit ersten Gerichtsentscheid hat das Finanzgericht Hamburg die Anfang des Jahres als Verbrauchsteuer neu eingeführte Kernbrennstoffsteuer in Deutschland in Frage gestellt. In seinem Beschluss vom 16. September 2011 hat sie dem Eilantrag der E.On AG stattgegeben.
Am 1. Januar 2011 trat das Kernbrennstoffsteuergesetz in Kraft, mit dem Deutschland eine neue Steuer auf die Verwendung von Kernbrennstoffen einführte. Das Kernbrennstoffsteuergesetz verpflichtet die Betreiber von Kernkraftwerken, die Kernbrennstoffsteuer selbst zu berechnen und bei dem für sie zuständigen Hauptzollamt anzumelden. Dementsprechend gab die E.On im Juli 2011 beim Hauptzollamt Hannover eine Steueranmeldung über rund EUR 96 Mio. (CHF 117 Mio.) Kernbrennstoffsteuer ab. Auch zahlte sie die Steuer, um Verzugszinsen zu vermeiden, reichte aber zugleich beim Finanzgericht Hamburg einen vorläufigen Rechtsschutzantrag ein, mit dem sie die Aufhebung der Vollziehung ihrer Steueranmeldung, dass heisst die Rückerstattung der von ihr gezahlten Kernbrennstoffsteuer verlangte.
Beschluss des Finanzgerichts Hamburg
Das Finanzgericht hat in seinem Beschluss ernstliche Zweifel an der formellen Verfassungsmässigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes geäussert, «weil der deutschen Regierung keine Gesetzgebungskompetenz zum Erlass des Kernbrennstoffsteuergesetzes zustehen dürfte». Bei der Kernbrennstoffsteuer dürfte es sich nämlich laut Finanzgericht um keine in die Gesetzgebungskompetenz der Regierung fallende Verbrauchsteuer handeln. Auch sei es fraglich, ob der Bundesgesetzgeber eine ganz «neue» Steuer, die im Grundgesetz nicht vorgesehen sei, «erfinden» dürfe. Das Finanzgericht hat dem Antrag der E.On deshalb stattgegeben. Die E.On wird bis zur endgültigen Klärung des Rechtsstreits keine Brennelementsteuer mehr bezahlen und den bereits bezahlten Beitrag zurückerhalten. Eine Beschwerde an den Bundesfinanzhof hat das Gericht zugelassen.
Weitere Klagen hängig
Auch die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) und die RWE AG haben gegen die Brennelementsteuer geklagt.
Quelle
M.A. nach Finanzgericht Hamburg, Medienmitteilung,16. September 2011