Deutscher Bundestag für beschleunigten Ausstieg
Die Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität soll zeitlich gestaffelt bis Ende 2022 beendet werden. Dies hat der Deutsche Bundestag am 30. Juni 2011 beschlossen, als er die Gesetzesentwürfe der Koalitionsregierung zur Änderung des Atomgesetzes unverändert annahm. Damit kehrt Deutschland nach der vor erst einem halben Jahr beschlossenen Laufzeitverlängerung zum Ausstiegsbeschluss von 2001 zurück.
Mit 513 Ja- zu 79 Neinstimmen und 8 Enthaltungen stimmten die Abgeordneten des Deutschen Bundestags für den Atomausstieg bis 2022. Zuvor hatte das Bundeskabinett die entsprechenden Gesetzesentwürfe verabschiedet.
Die Abgeordneten stimmten zudem über mehrere weitere Gesetzesentwürfe ab, die sie indessen alle ablehnten. So hatte ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen verlangt, den Atomkonsens des Jahres 2000 wiederherzustellen. Für alle Kraftwerke einen festen Endzeitpunkt festzulegen und den Atomausstieg 2017 zu vollenden, hatte ein weiterer Gesetzesentwurf der Grünen zum Ziel. Auch keine Mehrheit fand ein Antrag der Linken, die sieben ältesten Blöcke und Krümmel sofort stillzulegen. Auf einen Atomausstieg bis Ende 2014 zielte ein weiterer Antrag der Linken ab. In namentlicher Abstimmung lehnte der Bundestag schliesslich einen Gesetzesentwurf der Linksfraktion ab, der den Ausstieg aus der Kernenergie im Grundgesetz verankern wollte. 461 Abgeordnete stimmten gegen, 71 für das Anliegen und 67 enthielten sich. Die Linke wollte die Nutzung der Kernenergie zur Erzeugung von Elektrizität im Grundgesetz für verfassungswidrig erklären und den «unumkehrbaren Ausstieg» im Grundgesetz festschreiben.
Ausstiegsfahrplan
Mit Inkrafttreten des neuen Atomgesetzes sollen zunächst die sieben Kernkraftwerkseinheiten vom Netz gehen, die bereits im Zuge des Moratoriums abgeschaltet wurden: Biblis-A und -B, Brunsbüttel, Isar-1, Neckarwestheim-1, Philippsburg-1 und Unterweser. Hinzu kommt als achte Einheit das Kernkraftwerk Krümmel, das zum Zeitpunkt des Moratoriums bereits abgeschaltet war. Bis zum entsprechenden Jahresende folgen Grafenrheinfeld (2015), Gundremmingen-B (2017), Philippsburg-2 (2019), Grohnde, Gundremmingen-C und Brokdorf (2021) sowie schliesslich Isar-2, Emsland und Neckarwestheim-2 (2022). Eine Übertragung von Elektrizitätsmengen bleibt möglich. Bis September wird die Bundesnetzagentur entscheiden, ob eine der älteren Kernkraftwerkseinheiten im Fall von Stromengpässen bis 2013 als Reserve dienen soll.
Energiewende
Der Bundestag beschloss zudem, dass der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien kontinuierlich erhöht werden soll und zwar bis 2020 auf mindestens 25%, bis 2030 auf mindestens 50%, bis 2040 auf mindestens 65% und bis 2050 auf mindestens 80%. Zugleich soll der Stromverbrauch bis 2020 um 10% sinken.
Am 8. Juli wird der Bundesrat – die Länderkammer – die Geschäfte beraten. Zustimmen müssen die Länder indessen nicht.
Quelle
M.A. nach Deutschem Bundestag, Medienmitteilung, 30 Juni 2011
Verwandte Artikel
Deutsche Stromunternehmen warnen vor Energielücke wegen Kernenergieausstieg
9. Apr. 2019•NewsDeutschland: bei Engpässen Kohle und Erdgas statt Kernenergie
2. Sep. 2011•NewsDeutschland: Bundesrat billigt Atomausstieg
13. Juli 2011•NewsDeutschland: Kernkraftwerke stufenweise bis 2022 abschalten
7. Juni 2011•News