Cern: Pläne für noch grösseren Ringbeschleuniger
Die Forscher am europäischen Kernforschungszentrum Cern bei Genf wollen einen noch stärkeren und grösseren Ringbeschleuniger als den Large Hadron Collider (LHC) bauen. Mit europäischer Unterstützung soll während der kommenden fünf Jahre im Rahmen des sogenannten Future-Circular-Collider-Programms (FCC) die Machbarkeit dieser Idee studiert werden.
Der Large Hadron Collider (LHC) des Cern ist die bisher grösste wissenschaftliche Anlage, die je gebaut wurde. Ende 2009 stellten die Wissenschafter mit dem Ringbeschleuniger einen neuen Rekord auf, als Teilchen zum ersten Mal auf 1,18 TeV beschleunigt wurden. Die Teilchenstrahlenergie wurde seither stufenweise erhöht. Die Anlage steht seit Februar 2013 für planmässige Wartungsarbeiten still. Ab 2015 sollen Teilchenpakete mit einer Energie von 7,0 TeV durch den Beschleuniger jagen und miteinander zur kollidieren. Der LHC wird noch über Jahre hinweg der leistungsstärkste Beschleuniger der Welt bleiben, so das Cern.
Mehr Kollisionen nötig
Die Physiker rechnen jedoch damit, dass der LHC mit der aktuell ausgelegten Kollisionsrate nach 2019 nur noch auf Kosten langer Betriebszeiten statistisch aussagekräftige Daten liefern kann. Um die statistische Fehlerabweichung zu halbieren, müsste die Anlage nach 2019 während über zehn Jahre laufen. Um den Erkenntnisgewinn und das Potenzial neuer Entdeckungen über 2020 hinaus aufrechtzuerhalten, müsste die Kollisionsrate des LHC um den Faktor 10 erhöht werden. Physiker sprechen in diesem Zusammenhang von einer Erhöhung der Luminosität, welche die Leistungsfähigkeit eines Beschleunigers beschreibt: Je höher die Luminosität, desto höher die Kollisionsrate pro Strahlquerschnittsfläche und Zeit. Ein leistungsfähigerer LHC könnte in kürzerer Zeit genauere Daten über neue Teilchen liefern. Die erhöhte Empfindlichkeit würde zudem die Beobachtung seltenster Ereignisse ermöglichen, hoffen die Forscher.
Das HL-LHC-Projekt
Die Weiterentwicklung des LHC wird High Luminosity LHC, kurz HL-LHC, genannt. Das Cern erhält bei der Ausarbeitung einer Machbarkeitsstudie von der EU im Rahmen des siebten Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung (FP7) für einen Zeitraum von fünf Jahren Unterstützung. Den Startschuss macht das Cern mit dem Future Circular Collider (FCC) Kickoff Meeting, das vom 12. bis 15. Februar 2014 an der Universität in Genf stattfindet. Der Ringbeschleuniger der nächsten Generation könnte nach Angaben des Cern einen Umfang von 80 bis 100 km haben (der Umfang des LHC beträgt 27 km) und Kollisionsenergien bis zu 100 TeV erreichen (14 TeV am LHC ab 2015).
Parallel zum FCC-Programm läuft ein weiteres Teilchenbeschleuniger-Projekt, das am Cern gebaut werden könnte, der Compact Linear Collider (CLIC). Das Ziel hier ist, das Potenzial auf neuer Technologie beruhender Linearbeschleuniger auszuschöpfen.
Quelle
M.B. nach Cern, Medienmitteilung, 4. Februar 2014, sowie Website des HL-LHC-Projekts