Cern: LHC-Inbetriebnahme im November 2009

Die Reparaturarbeiten am weltweit grössten Teilchenbeschleuniger der Welt, dem Large Hadron Collider (LHC), dauern länger als vorgesehen. Die Leitung des Europäischen Kernforschungszentrums (Cern) rechnet nun damit, Mitte November 2009 erste Teilchenpakete in den Beschleunigerring schicken zu können.

27. Juli 2009
Die Funktionstüchtigkeit von zwei der vier grossen LHC-Detektoren konnte mit kosmischer Strahlung getestet werden.
Die Funktionstüchtigkeit von zwei der vier grossen LHC-Detektoren konnte mit kosmischer Strahlung getestet werden.
Quelle: Cern

Am 19. September 2008 ereignete sich im Sektor 3–4 des LHC eine folgenschwere Panne: Eine defekte Verbindung eines supraleitenden Starkstromkabels zwischen zwei Magneten beschädigte das Kühlsystem. Flüssiges Helium strömte aus, und es baute sich in den Magneten Druck so rasch auf, dass ihn die Sicherheitsventile nicht abzubauen vermochten. Der so entstandene Überdruck beschädigte 53 Magnete unterschiedlich stark und riss sie teilweise aus ihren Verankerungen. Zur Reparatur mussten die Magnete zuerst auf Raumtemperatur gebracht werden. Danach wurden sie vom 100 m tief liegenden Beschleunigerring an die Oberfläche transportiert, überprüft, gereinigt und repariert oder ersetzt.

Seit dieser Panne haben die Verantwortlichen des Cern eine Reihe neuer Schutzmassnahmen mit internationaler Unterstützung ausgearbeitet. Eine davon ist das sogenannte Quench Protection System, das die gespeicherte Energie der supraleitenden Magnete im Falle einer Betriebsabweichung schnell und sicher abführen soll. Des Weiteren ist das Cern daran, neue sowie zusätzliche Überdruckventile einzubauen und die Magnetverankerungen zu verstärken. Rolf-Dieter Heuer, Generaldirektor des Cern, ist erfreut über die beispiellose Unterstützung von Physiklabors und Instituten rund um den Globus. Für Heuer ist das ein positives Zeichen «der zunehmenden Globalisierung in der Teilchenphysik». Anfang Juli 2009 konnten die Reparaturarbeiten im Sektor 3–4 erfolgreich abgeschlossen werden.

Fehler bei weiteren Sektoren erkannt

Damit sich die Panne am LHC nicht wiederholen kann, wurden zudem neue Prüfverfahren entwickelt. Um die supraleitenden Maschinenteile nicht zeitraubend auf Raumtemperatur erwärmen zu müssen, werden die Tests bei 80 Kelvin (-190 °C) durchgeführt. Überprüfungen in zwei Sektoren brachten undichte Stellen zwischen dem Kühlkreislauf und dem isolierenden Vakuum zutage. Zur Behebung dieses Fehlers müssen Teile dieser Sektoren auf Raumtemperatur gebracht werden, was zu einer weiteren Verzögerung der Wiederinbetriebnahme führt, die nun auf Mitte November 2009 angesetzt ist.

Stillstandzeit nutzen

Seit dem Ausfall des LHC nutzen die Teams die Zeit für Funktionstests ihrer Detektoren mit kosmischer Strahlung. Diese Geräte werden jede Sekunde von Partikeln durchquert, die in der äusseren Atmosphäre durch Kollisionen mit hochenergetischen Weltraumteilchen entstanden sind. Eine weitere wichtige Komponente der Anlage konnte bereits getestet werden: das weltweite LHC Computing Grid. In diesem Computernetz sind mehr als 140 Computerzentren miteinander verbunden, um die gewaltige Datenmenge der Detektoren speichern und verarbeiten zu können. Alleine der Atlas-Detektor lieferte bei den Tests pro Sekunde rund 6 GBytes – dem Speichervermögen einer DVD. Während zweier Wochen konnten durchgehend Daten erfolgreich gesammelt und analysiert werden. Sergio Bertolucci, Leiter für Forschung und Computing am Cern, meinte zu den Tests: «Die vier grossen LHC-Experimente – Atlas, CMS, Alice und LHCb – haben erfolgreich demonstriert, dass sie ihre Daten gleichzeitig verwalten können.»

Quelle

M.B. nach Cern Bulletin vom 1., 6. und 20. Juli 2009

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