Bundesrat verabschiedet Totalrevision der Kernenergiehaftpflichtverordnung
Der Bundesrat hat am 25. März 2015 eine Totalrevision der Kernenergiehaftpflichtverordnung (KHV) verabschiedet. Diese regelt den Vollzug des vom Parlament 2008 verabschiedeten neuen Kernenergiehaftpflichtgesetzes (KHG), das jedoch noch nicht in Kraft ist. Das neue KHG und die totalrevidierte KHV können erst in Kraft gesetzt werden, wenn das von der Schweiz bereits im Jahr 2009 ratifizierte Pariser Übereinkommen zur Haftung auf dem Gebiet der Kernenergie von genügend Vertragsstaaten ratifiziert ist und in Kraft gesetzt wird. Dies wird frühestens Anfang 2016 der Fall sein.
Am 13. Juni 2008 verabschiedete das Parlament das revidierte KHG und genehmigte die revidierten internationalen Übereinkommen zur Haftung auf dem Gebiet der Kernenergie (Pariser Übereinkommen und Brüsseler Zusatzübereinkommen). Die Schweiz ratifizierte die beiden Übereinkommen im März 2009.
Das revidierte KHG erhöht die minimale national aufzubringende Deckungssumme von bisher CHF 1 Mrd. auf EUR 1,2 Mrd. (CHF 1,3 Mrd.). Damit werden die Vorgaben des internationalen Haftungssystems erfüllt. Weiter wird das Entschädigungsverfahren stark vereinfacht und so der Opferschutz verbessert, falls von einem nuklearen Unfall im Ausland auch Opfer in der Schweiz betroffen wären. Für die Schweiz gelten in diesem Fall gleiche Voraussetzungen für Entschädigungsleistungen und gleiche verfahrensrechtliche Vorschriften wie in allen übrigen Vertragsstaaten.
Totalrevision KHV
Die totalrevidierte KHV legt den durch private Versicherer zu deckenden Mindestbetrag auf CHF 1 Mrd. fest und definiert die Deckungsrisiken, welche die Versicherer ausschliessen dürfen. Weiter enthält die Verordnung die Methode zur Berechnung der von den Inhabern von Kernanlagen zu entrichtenden Prämien an die Bundesversicherung. Die Bundesversicherung übernimmt nukleare Schäden bis EUR 1,2 Mrd., die nicht durch die private Versicherung gedeckt sind oder über deren Deckungssumme hinausgehen. Die totalrevidierte Verordnung setzt zudem die Deckungssumme für Anlagen zur Nuklearforschung und für das Bundeszwischenlager auf EUR 70 Mio. sowie für bestimmte Transporte von Kernmaterialien auf EUR 80Mio. fest. Ferner sieht sie eine von der Anlagenversicherung getrennte Versicherung für Transporte von Kernmaterialien vor.
Kritik der swissnuclear: Trennung des Transportrisikos unnötig
Die Swissnuclear – die Dachorganisation der Schweizer Kernkraftwerkbetreiber – betont in einer Medienmitteilung, die Betreiber unterstützten die internationalen Übereinkommen und damit auch die Anpassung der Deckungssummen. Sachlich völlig unverständlich und für die Branche nicht nachvollziehbar sei jedoch die Verschärfung, welche die revidierte Verordnung vorsehe: Sie belaste die Inhaber von Kernanlagen bis zum Ende der Laufzeit mit unnötigen zusätzlichen Prämienkosten, kritisiert die swissnuclear. Dies, weil die Deckungspflicht für nicht schwachaktive nukleare Transporte verschärft werde, indem jeder einzelne Transport als separater Haftungstatbestand der gleich hohen Deckungssumme unterstellt werden müsse wie der Betrieb einer Kernanlage. «Die zunehmende Erschwerung der Rahmenbedingungen für die Kernenergie auch und gerade durch die revidierte KHV reduziere die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Stromwirtschaft einmal mehr», so die swissnuclear.
Datum des Inkrafttretens
Das revidierte KHG und die totalrevidierte KHV können erst rechtskräftig werden, wenn das revidierte Pariser Übereinkommen in Kraft tritt. Dazu muss dieses von mindestens zwei Dritteln der 16 Vertragsparteien ratifiziert sein. Damit ist frühestens Anfang 2016 zu rechnen.
Quelle
M.A. nach Bundesrat und Generalsekretariat Uvek sowie swissnuclear, Medienmitteilungen, 25. März 2015