British Energy Group: Erfolg des EDF-Angebots zeichnet sich ab
Das Angebot der Electricité de France SA (EDF) vom 24. September 2008, für rund GBP 12,5 Mrd. (CHF 25,1 Mrd.) die British Energy Group plc (BE) zu übernehmen, wird in Grossbritannien allgemein begrüsst. Der Vorstand der BE und die britische Regierung empfehlen den Aktionären, das Angebot anzunehmen. Die wichtigsten Aktionäre haben sich bereits verpflichtet, ihre Anteile der EDF abzutreten.
Für das dritte, nachgebesserte Angebot der EDF zur Übernahme der grössten britischen Kraftwerksbetreiberin zeichnet sich ein Erfolg ab. Am 24. September 2008, als das Vorhaben offiziell angekündigt wurde, lag nicht nur die einstimmige Unterstützung des BE-Vorstands vor, sondern auch die unwiderrufliche Zusicherung der wichtigsten Aktionäre, auf das Angebot einzutreten: der Regierung - die über die Nuclear Decommissioning Authority (NDA) gut 35% der BE-Aktien hält - sowie der mit einem Anteil von knapp 15% grössten privaten Aktionärin, der Investitionsmanagement-Gesellschaft Invesco Perpetual. Diese hatte im März 2008 ein erstes Angebot und Ende Juli auch noch ein zweites als zu tief abgelehnt.
Regierung begrüsst Übernahmeofferte
Für John Hutton, Secretary of State for Business, Enterprise & Regulatory Reform (BERR), beweist die BE-Übernahme für rund GBP 12,5 Mrd. «die Attraktivität des britischen Markts für den Privatsektor. Und das ist nur der Anfang. Die EDF plant den Bau vier neuer Kernreaktoren und wird damit vielfältige Arbeitsplätze und in reichem Masse Geschäftsmöglichkeiten für die britische Industrie schaffen.» Die Kernenergie habe das klare Potenzial, eine zentrale Rolle bei der Diversifizierung des Energiemix zu spielen und die vollständige BE-Privatisierung liege ganz auf der Linie der Regierungspolitik.
Für Premierminister Gordon Brown wird mit der Übernahme «die neue Kernenergie Realität. Dieses Geschäft ist ein gutes Geschäft für die Steuerzahler und ein bedeutsamer Schritt zum Bau einer neuen Generation Kernkraftwerke für die Landesversorgung mit Strom. Die Kernenergie ist sauber, sicher und erschwinglich. Ihr Ausbau ist für Grossbritanniens langfristige Versorgungssicherheit entscheidend, denn wir verringern damit unsere Ölabhängigkeit und entwickeln eine kohlenstoffarme Zukunft.»
Weiterbetrieb der BE-Einheiten und Landabtretungen
Im Übernahmeangebot sichert die EDF zu, dass sie die bestehenden acht Kernkraftwerke weiterbetreiben und die Rechte der rund 6000 BE-Mitarbeiter wahren werde. Zudem ist sie bereit, an bestehenden Standorten in vier neue Nukleareinheiten mit einer Gesamtleistung von 6400 MW zu investieren - zwei in Hinkley Point und zwei in Sizewell. Die erste Einheit könnte schon 2017 ans Netz gehen. Auch hat die EDF der Regierung bestätigt, dem Verkauf von Landreserven an bestehenden Standorten unter Verwaltung der NDA zuzustimmen. In Bradwell, Oldbury und Wylfa würde das Land an Investoren abgetreten, die in Grossbritannien neue Kernkraftwerke bauen wollten, wobei die EDF nur in Bradwell mitbieten dürfte. Ein entsprechendes Abkommen haben die NDA und die EDF bereits ausgehandelt.
Damit bleiben nach Meinung von John Hutton die Chancen von Drittinvestoren gewahrt: «Unser Ehrgeiz ist, mehr als einen Kernkraftwerksbetreiber zu haben und so den Bau neuer Einheiten zu beschleunigen.»
Mögliche Centrica-Beteiligung
Ein möglicher Investor ist die Centrica plc, ein britisches Unternehmen in den Bereichen Gas-, Strom- und Telekommunikationsversorgung. Zwischen der Centrica und der EDF laufen Gespräche über eine Beteiligungsoption von 25%. Kommt sie zustande, würde die EDF weiterhin die Verantwortung für den Bau und Betrieb aller BE-Einheiten tragen, die Centrica erhielte jedoch einen Viertel der produzierten Energie und könnte sich zu einem Viertel an den neuen Kernkraftwerken beteiligen.
Komplexe Transaktion
Für die Übernahme bietet die EDF über ihre eigens für diese Transaktion in Grossbritannien gegründete, 100%ige Tochtergesellschaft Lake Acquisitions Ltd. den bisherigen Aktionären die Auszahlung von 774 Pence (CHF 15,52) je Aktie, 9 Pence mehr als im Angebot vom Juli 2008. Alternativ können sich die Aktionäre nur 700 Pence (CHF 14,03) je Aktie auszahlen lassen und erhalten für die Differenz eine «Nuclear Power Note». Herausgeben wird diese Notes oder Schuldscheine die Barclays Bank. Sie erhält dafür von der Lake Acquisitions «Contingent Value Rights». Diese - und damit die Notes - haben eine Laufzeit von zehn Jahren. Die Rückzahlung erfolgt in Jahresraten, deren Höhe vom Geschäftserfolg der BE abhängt: Produzieren die BE-Kernkraftwerke mehr Strom, steigt der Erlös aus dem Stromverkauf oder kann die Lebensdauer bestehender Kernkraftwerke verlängert werden, liegen die Notes-Rückzahlungen über dem Ausgabewert, im gegenteiligen Fall darunter. Die ehemaligen Aktionäre können sogar leer ausgehen.
Der weitere Verlauf der Übernahme hängt jetzt nicht nur vom Zuspruch der Aktionäre ab, sie bedarf auch der behördlichen Zustimmung. Namentlich muss die EU-Wettbewerbsbehörde grünes Licht geben. Wenn alle Schritte wie vorgesehen ablaufen, dürfte die Transaktion gegen Ende 2008 oder anfangs 2009 zum Abschluss kommen.
Quelle
P.B. nach BE, Medienmitteilung und Investorenmitteilung, Centrica, Medienmitteilung, BERR, Pressemitteilung, EDF, Medienmitteilung, und NDA, Medienmitteilung, alle 24. September 2008