Berner Regierung gegen Initiative zur Stilllegung des Kernkraftwerks Mühleberg

Das Kernkraftwerk Mühleberg soll nicht schon im Jahr 2002 stillgelegt werden. Die bernische Kantonsregierung lehnt eine entsprechende Verfassungsinitiative ab, die am 7. Juni 1999 mit 15'390 gültigen Stimmen eingereicht worden ist (für das Zustandekommen einer Verfassungsinitiative sind im Kanton Bern 15'000 gültige Unterschriften nötig).

11. Jan. 2000

Der Regierungsrat begründet seine ablehnende Haltung damit, das Kernkraftwerk verfüge über eine bis ins Jahr 2012 gültige Betriebsbewilligung des Bundes. Eine vorzeitige Stilllegung hätte negative Auswirkungen auf die bernische Volkswirtschaft und sei auch aus ökologischer und energiepolitischer Sicht nicht sinnvoll.
Der Bund hat im Oktober 1998 die Betriebsbewilligung für das Kernkraftwerk Mühleberg bis ins Jahr 2012 verlängert (Bulletin 19/1998). Die vom Verein "Bern ohne Atom" (BoA) im gleichen Monat lancierte kantonale Verfassungsinitiative (Bulletin 20/1998) verlangt nun, dass das Kernkraftwerk bereits im Jahr 2002 stillgelegt wird. Würde die Initiative angenommen, müsste der Kanton mit seiner Aktienmehrheit an einer der nächsten Generalversammlungen der BKW FMB Energie AG (BKW) auf eine entsprechende Statutenänderung hinwirken. Die BKW müsste nicht nur das Kernkraftwerk Mühleberg stilllegen, sondern auch aus allen Verträgen aussteigen, die sie zur Übernahme von in Kernkraftwerken erzeugter Energie verpflichten.
Der Regierungsrat lehnt die Initiative aus verschiedenen Gründen ab und beantragt dem Grossen Rat, sie den Stimmberechtigten ohne Gegenvorschlag vorzulegen. Die Initiative ist nach Meinung des Regierungsrats aus aktienrechtlicher Sicht problematisch, weil sie unmittelbar in die Geschäftspolitik einer privatrechtlichen Aktiengesellschaft eingreift. Die Durchsetzbarkeit ihrer Hauptforderung sei deshalb fraglich. Sie sei aber auch aus energiepolitischer und ökologischer Sicht umstritten. Die Produktion des Kernkraftwerks Mühleberg entspricht 40% des Stromverbrauchs der BKW-Kunden. Nur ein kleiner Teil davon könnte durch Energiesparmassnahmen und den vermehrten Einsatz von erneuerbaren Energien innert der von der Initiative verlangten Frist kompensiert werden. Der weitaus grösste Teil des Bedarfs müsste durch ökologisch bedenkliche Importe aus dem Ausland gedeckt werden.
Eine vorzeitige Stilllegung des Kraftwerks hätte zudem negative Auswirkungen auf die bernische Volkswirtschaft. Insgesamt würde dadurch eine Wertschöpfung von jährlich rund SFr. 50 Mio. vernichtet. Die Konkurrenzfähigkeit der BKW auf dem internationalen Strommarkt würde beeinträchtigt. Bei einer vorzeitigen Stilllegung würde das Unternehmen mit fehlenden Rückstellungen in der Grössenordnung von SFr. 250 Mio. belastet. Der Gesamtschaden für die Unternehmung (inklusive Verlust von Arbeitsplätzen) wird von der BKW auf rund SFr. 1 Mrd. beziffert. Der Regierungsrat weist darauf hin, dass die Überwachung und Gewährleistung der Sicherheit von Atomanlagen in der Schweiz Bundessache ist und der Bundesrat die Betriebsbewilligung des Kernkraftwerks Mühleberg bis ins Jahr 2012 verlängert hat.
Die Initiative wird nun in einer Kommission des Grossen Rates vorbehandelt und das Geschäft kommt voraussichtlich im April dieses Jahres in die Session des Rates. Die Volksabstimmung über die Initiative ist für das Wochenende vom 23./24. September 2000 geplant.

Quelle

H.R. nach Kanton Bern, Medienmitteilung vom 21. Dezember 1999, und nach Auskunft der BKW vom 12. Januar 2000

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