Belgien: Startschuss für erste Bauphase des Forschungsreaktors Myrrha

Im belgischen Mol hat der Bau von Minerva begonnen. Der lineare Teilchenbeschleuniger gehört zur ersten von drei Phasen zur Errichtung des beschleunigergetriebenen Forschungsreaktors Myrrha. Das Projekt dient der Nuklearmedizin und der Erforschung der Transmutation.

3. Juli 2024
Die belgische Energieministerin Tinne Van der Straeten (Mitte)
Die belgische Energieministerin Tinne Van der Straeten (Mitte) nimmt am 25. Juni 2024 an der Grundsteinlegung des Standorts für den multidisziplinären Forschungsreaktor Myrrha teil.
Quelle: SCK•CEN

Myrrha (Multipurpose Hybrid Research Reactor for High-technology Applications) ist ein multidisziplinärer Forschungsreaktor, der gemäss Beschluss der belgischen Regierung aus dem Jahr 2018 in drei Phasen gebaut wird. Am 25. Juli 2024 erfolgte der Spatenstich auf der Baustelle von Minerva im Beisein der belgischen Energieministerin Tinne Van der Straeten. Dies markiert den Baustart zur Phase 1 von Myrrha.

Minerva ist ein Linearbeschleuniger mit bis zu 100 MeV und besitzt zwei Target-Einrichtungen. «Neben der Erforschung neuer Materialien für die Reaktoren von morgen, der Grundlagenforschung und der Verbesserung der Beschleunigertechnologie wird Minerva speziell für medizinische Zwecke eingesetzt werden», schreibt das SCK•CEN. Minerva werde Radioisotope für die zielgerichtete Alpha-Therapie herstellen, einer neuartigen nuklearmedizinischen Krebsbehandlungsmethode, die selektiv Tumore angreift und gesundes Gewebe unversehrt lässt. In der Phase 2 wird der Teilchenbeschleuniger dann auf 600 MeV und eine Länge von 400 Metern erweitert, was das Anwendungsportfolio nochmals vergrössere.

Computergenerierte Ansicht von Minerva.
Computergenerierte Ansicht von Minerva.
Quelle: SCK•CEN

In Phase 3 wird der eigentliche Forschungsreaktor zur Transmutation gebaut
«Unter der Voraussetzung, dass die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden, wird der unterkritische Myrrha-Reaktor mit Transmutationsforschung zu einem späteren Zeitpunkt gebaut werden», lässt das SCK•CEN verlauten. Die Technologie von Myrrha könne «zur Verringerung des Volumens und der Radiotoxizität von hochaktiven Abfällen eingesetzt werden». Der beschleunigergetriebene Forschungsreaktor hat eine thermische Leistung von maximal 100 MW und soll 2038 betriebsbereit sein. Der unterkritische Reaktor braucht einen Protonenbeschleuniger, der via Spallationstarget Neutronen erzeugt, um die Kernspaltung aufrechtzuerhalten. Wird der Teilchenstrahl unterbrochen, stoppt auch die Kettenreaktion sofort, was eine hohe Sicherheit gewährleistet.

Hamid Aït Abderrahim, der für das Myrrha-Projekt verantwortliche Reaktorphysiker erklärt den Nutzen des Forschungsreaktors: «Myrrha könnte es uns ermöglichen, einen Teil der hochaktiven Abfälle aus unseren derzeitigen Kernkraftwerken, die bis zu 300’000 Jahre lang radiotoxisch bleiben, als Brennstoff wiederzuverwenden. Unsere Forschung zeigt, dass wir radioaktive Abfälle nach nur 300 Jahren wieder auf ihr natürliches Radiotoxizitätsniveau bringen können.» Damit lasse sich die notwendige Einschlussdauer der hochaktiven Abfälle von einer geologischen Zeitskala auf eine menschliche Zeitskala reduzieren und zudem das Abfallvolumen um den Faktor 100 reduzieren, ergänzte der Reaktorphysiker.

Quelle

B.G. nach SCK•CEN, Medienmitteilung, 27. Juni 2024 sowie Myrrha-Website

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